: Dumpfbraun zusammengereimt
■ Rechts-dichtender Polizist von der Davidwache soll suspendiert werden Von Kai von Appen
Hamburgs Polizeispräsident Arved Semerak schäumt. Kaum im Amt und gerade dabei, mühsam das Image der Staatsgewalt nach dem Polizeiskandal wieder aufzupolieren, da trifft ihn nun selbst eine neue Affäre. Polizeihauptmeister Burkhard Bortz von der Davidwache verbreitet seit zwei Wochen unter KollegInnen eine Broschüre, die eine Sammlung selbstgedichteter unappetitlicher Rechts-Reime enthält. Semerak läßt nun nach taz-Informationen „in Vorermittlungen“ prüfen, ob eine „Suspendierung“ angeordnet werden kann. Semerak: „Ich bin über das Verhalten des Beamten empört!“
„Halt Polizei!“, so die Headline der Machwerkes mit dem Untertitel: „Sprüche, Verse und Reime – Kurz vor dem Verbot. Nur für Insider, die schon alles wissen.“ Herausgegeben hat Burkhard Bortz die Hetzschrift unter dem Pseudonym „Brain“ im Selbstverlag der Polizistengattin. „Das ist schon harter Tobak“, so Innenbehördensprecher Peter Kelch.
Im Wortlaut klingt das dumpfbraun Gereimte so : „Der Schuß zur richtigen Zeit, der spricht sich rum weit und breit – liegt der Täter dann im Blut, Mann tut uns das gut.“ Oder: „Hast Du mal gehauen, mußt Du schnell um dich schauen – Gott sei dank, keiner hat's gesehen und nun kann's weitergehen. Schnell mit dem Täter in den Wagen, dort kann er ruhig klagen.“ Und: „Laß' dich nicht erschießen, auch ein Polizeibeamter wird schnell riechen. Sei schneller mit dem Colt, auch wenn Dein Kopf dann rollt.“
Das Skandalbuch sorgt im Präsidium für Entsetzen. „Viele der teilweise menschenverachtenden Sprüche verunglimpfen in übelster Weise Bürgerinnen, Bürger und die Polizei selbst“, schimpft Polizeisprecher Werner Jantosch, der sich sonst eher vor inkriminierte Kollegen stellt.
„Es ist mir unverständlich, mit welcher Geisteshaltung und mit welchem Berufsverständnis dieser Beamte Tag für Tag seinen Dienst versehen hat. Er hat mit seinen Äußerungen der Polizei schweren Schaden zugefügt“, so der neue Image-Aufpolierer Semerak.
Dabei ist Burkhard Bortz kein unbeschriebenes Blatt. „Der ist auch noch so blöd und schenkt dem Polizeipräsidenten ein Exemplar der Broschüre“, so ein Kollege. Erst kürzlich sorgte Bortz für Schlagzeilen, als er sich weigerte, die Anzeige der Afro-Deutschen Rose E. aufzunehmen. Bortz fand nicht anstößig, daß Schwarzen der Eintritt in der Kiez-Disko „After Shave“ verweigert wurde und sah darin keinen „Straftatbestand“. Als sich Rose E. sich nicht wegschicken lassen wollte – ihr Bruder hatte kurze Zeit zuvor bereits Anzeige erstattet –, erteilte Bortz ihr Hausverbot für die Davidwache.
Auf Anfrage des GAL-Bürgerschaftsabgeordneten Manfred Mahr rechtfertigte der Senat noch vor drei Wochen das Verhalten des Polizisten und bezeichnete es als „korrekt.“ Der Senat stützte seine Auffassung auf Untersuchungen des „Dezernat Interne Ermittlungen“ (DIE). Das „DIE“ hatte aber nur den beschuldigten Beamten, nicht aber die Betroffene befragt. Und kam zu dem Schluß, daß an den Vorwürfen nichts dran sei.
Ob Burkhard Bortz ganz aus dem Dienst entlassen werden kann, wird das eingeleitete Disziplinarverfahren ergeben. Um sich selbst aus der Schußlinie zu ziehen, hat er „auf eigenen Wunsch“ um eine Versetzung gebeten und versieht seit gestern Dienst in der Polizeidirektion Ost.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen