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Archiv-Artikel

CO2-Nebenstelle in der Bilanz

Firmen messen ihren Energieverbrauch, kaufen Ökostrom oder pflanzen Obstwiesen. Eine Umfrage unter deutschen DAX-Unternehmen

von STEPHAN KOSCH

Für das Leugnen gibt es Geld. Das „American Enterprise Institute“ (AEI) stellt jedem Wissenschaftler, der eine kritische Studie zum Weltklimabericht der Vereinten Nationen erstellt, 10.000 US-Dollar in Aussicht. Reisekosten und sonstige Spesen werden übernommen, berichtete gestern die britische Tageszeitung The Guardian. Das wirtschaftsnahe AEI gilt als eine der wichtigsten Denkfabriken für die Bush-Regierung und wird laut dem Guardian mit über 1,6 Millionen US-Dollar vom Ölmulti Exxon unterstützt. Im Vorstand sitzen zudem wichtige Manager von Chemie- und Pharmakonzernen.

Das unmoralische Angebot an die Forscher darf aber getrost als Rückzugsgefecht von Klimafossilien gewertet werden. Denn auch in der Wirtschaft wird der Klimawandel als große Herausforderung begriffen. Doch was geschieht konkret? Die taz hat bei den wichtigsten deutschen börsennotierten Konzernen nachgefragt und ihnen vier Fragen zum Klimaschutz gestellt. Das Ergebnis: Die Bedrohung wird ernst genommen und hat konkrete Auswirkungen auf die Geschäftsplanungen. In vielen Unternehmen genießt Klimaschutz höchste Priorität, entsprechende Abteilungen sind häufig auf oder knapp unter der Vorstandsebene angesiedelt. Bei den konkreten Zielvorgaben und Maßnahmen sind die Konzerne allerdings noch unterschiedlich weit. Die Fragen im Einzelnen:

1. Gibt es Reduktionsziele für CO 2 -Emissionen in Ihrem Unternehmen?

Konkrete Vorgaben macht die Allianz, die im Vergleich zu 2000 bis 2012 rund 20 Prozent CO2-Emissionen einsparen will. Bei der Tochter Dresdner Bank sind es 28 Prozent. Die Deutsche Bank will ihren Energieverbrauch pro Mitarbeiter um 5 bis 10 Prozent von 2004 bis 2008 senken, die Telekom bis 2010 insgesamt um 50 Prozent im Vergleich zu 1995. BASF und Bayer haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2012 bzw. 2015 10 Prozent weniger CO2 je Tonne Verkaufsprodukt in die Luft zu blasen. Eon arbeitet noch an einer konkreten Strategie und klaren Vorgaben. Metro hat sich hingegen 2006 das Ziel gesetzt, den Energieverbrauch je Quadratmeter Verkaufsfläche in diesem Jahr um 5 Prozent zu senken. BMW verwies auf die Branchenvereinbarung der Automobilhersteller, die derzeit heftig diskutiert wird. Und SAP erklärte, dass man keine direkte Vorgaben habe, sondern Klimaschutz „praktisch“ umsetze.

2. Welche Maßnahmen zur CO 2 -Reduktion haben Sie bisher umgesetzt?

Verbesserte Energieeffizienz der Gebäude und die Nutzung von Erneuerbaren Energien sind in vielen Firmen Tagesgeschäft. So kommt der Strom in 200 Metro-Standorten von Lichtblick. Auch die Deutsche Bank nutzt zu 20 Prozent grünen Strom und hat ihre Mitarbeiter zur Nutzung von Video- und Telefonkonferenzen verpflichtet, um Reisen zu sparen. Außerdem muss jeder Dieseldienstwagen einen Rußfilter haben, und die Mitarbeiter werden an den Spritkosten beteiligt.

In der industriellen Produktion lässt sich ebenfalls sparen: BASF hat durch bessere Vernetzung in der Ludwigshafener Fabrik 40 bis 50 Prozent Kohlendioxid eingespart. Bei der Produktion von sogenannten Superabsorbern für Windeln brachte ein neues Produktionsverfahren 230.000 Tonnen weniger CO2-Emissionen; das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von 140.000 Einfamilienhäusern. Auch Bayer, Conti und Henkel konnten ihren Energieverbrauch mit neuen Technologien deutlich senken. Die Energiekonzerne verwiesen auf Investitionen in neue Kraftwerke, SAP hat ein eigenes Blockheizkraftwerk, Regenwassernutzungsanlage und „zahlreiche Streuobstwiesen“.

3. Sind die Auswirkungen des Klimawandels in Ihren Geschäftsprognosen berücksichtigt? Wenn ja, wie?

Bei der Allianz gehört der Klimacheck zu jeder Kreditvergabe und zu den Risikoberichten. Ebenso bei der Postbank. Doch nicht nur die Gefahren von Dürre oder Wirbelstürmen werden gesehen. Der Reifenhersteller Conti arbeitet an Gummis, die leichter sind und weniger Sprit verbrauchen, Henkel an effizienteren Wasch- und Spülmitteln und Klebstoffen für Solarzellen. Und falls das alles nichts hilft: Bayer forscht an Pflanzen, die gegen Hitze und Dürre resistent sind.

Mitarbeit: S. Kulka, J. G. Plavec