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Wenn Architekten zu sehr klotzen

■ Gläserner Bunker für ABC-Straße: Staatsarchiv zieht nach Wandsbek um

Und noch'n Bürohaus in der Innenstadt. Eins von denen, bei deren Anblick sich jeder Muskel zusammenzieht. In Form einer halben Zitronenscheibe soll auf dem jetzigen Gelände des Staatsarchivs an der ABC-Straße ein 40 Meter hohes Kontorhaus entstehen. Das Hamburger Architektenbüro Bothe  Richter Teherani, das den ersten Preis des städtischen Wettbewerbs gewonnen hat, wird den gläsernen Bunker Ende 1996 in Angriff nehmen. Dann soll das asbestverseuchte Staatsarchiv-Gebäude abgerissen werden, und die MitarbeiterInnen dürfen mit ihren mehr als 30 Kilometern Regalmaterialien nach Wandsbek in die Kattunbleiche umziehen.

Am Donnerstag stellte der Stadtplanungsausschuß Mitte das Konzept der Öffentlichkeit vor: Auf den rund 17.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche sollen Büros (15.000 Quadratmeter) und Geschäfte (2.000 Quadratmeter) untergebracht werden. Wohnungen wird es – wer will denn gleich die Innenstadt lebendig machen – erwartungsgemäß nicht geben. Die besondere Attraktion des Gebäudes geht angeblich von der Fußgängerzone aus, die durch den Neubau ins Hanseviertel führt.

Zugleich beschloß der Stadtplanungsausschuß, die gründerzeitlichen Gebäude an den Hohen Bleichen vor dem Abriß zu bewahren. „Ein Abbruch war zwar nicht geplant, aber so sind die Häuser vorsorglich geschützt“, sagt Stadtplanungschef Peter Illies.

Währenddessen bereitet sich Staatsarchiv-Leiter Hans-Dieter Loose „mit zwiespältigen Gefühlen“ auf den Umzug nach Wandsbek vor. Denn daß das Archiv seinen attraktiven Standort in der Innenstadt verläßt, hat einzig finanzielle Gründe. Die Stadt, die zwischen mehreren Grundstücken und Investoren hätte wählen können, entschied sich für die Firma SF-Bau. Die ließ sich auf den Handel ein, das städtische ABC-Sahnestück in bester Lage einzusacken und – anstatt einen saftigen Kaufpreis zu bezahlen – im Gegenzug den Neubau in Wandsbek zu finanzieren.

Das Nachsehen der längeren Wege haben die NutzerInnen. In Wandsbek plant das Hamburger Architektenbüro Störmer/Alsop zwei parallel stehende Gebäude – einen fensterlosen Magazintrakt mit einer gläsernen Fassade sowie ein „Funktionshaus“ mit Lesesaal und Vortragsraum – die über zwei Brücken miteinander verbunden sind.

Das Staatsarchiv war 1972 aus dem Rathaus, wo es über mehrere Keller und Zwischendecken verteilt aus allen Nähten platzte, in die ABC-Straße umgezogen. In Wandsbek wird der Platz erneut vergrößert. „Keine Akte, in der sich NS-Justiz manifestiert, wird untergehen“, schwört Loose hoch und heilig. Heike Haarhoff

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