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Heftig geliebt, heftig verlassen

■ Festakt zum 50jährigen Bestehen der Kammerspiele

Ein Festakt ist ein Festakt. Da ein Festakt also der gefeierten Person – oder, wie hier, der Institution – nur lächelnd entgegentreten kann, gibt es nur ein Kriterium, sein Gelingen zu messen: Je weniger kitschig er gerät, desto mehr Grund hat es gegeben, ihn zu feiern. Festakte ausrichten kann schließlich jeder, sie interessant zu machen gelingt aber nur, wenn sein Gegenstand das Fest auch tatsächlich trägt.

In den Hamburger Kammerspielen war dies gestern der Fall. Auf den Tag genau vor 50 Jahren erhob sich in den neugegründeten Kammerspielen in der Hartungstraße (den Name Kammerspiele trug zuvor Erich Ziegels Theatertruppe am Besenbinderhof) zum erstenmal der Vorhang. Und der allfällige Festakt geriet unverkrampft und interessant, vor allem bei der Würdigung der Anfänge des Theaters im Dezember 1945. Die jüngere Vergangenheit – Niedergang, Konkurs, unsicherer Neubeginn – betrachtend, überwogen dagegen naturgemäß die längeren Gesichter. Aber seitdem Ulrich Waller und Ulrich Tukur die Leitung übernommen haben und, mindestens ebenso wichtig, Dirk Schmidt-Prange und Jürgen Hunke fürs Finanzielle weiterhin geradestehen, setzen sich auch hier allmählich die nach oben gezogenen Mundwinkel durch.

Eine Lesung von Dokumenten aus der Kammerspiel-Geschichte illustrierte den Satz Ulrich Wallers, das Theater sei vom Publikum „heftig geliebt, aber auch immer wieder heftig verlassen“ worden. Als Zeitzeugen traten die Protagonistin der ersten Stunden Hilde Krahl sowie Annemarie Marks-Rogge auf . Ihre Erinnerungen kreisten um die Gründerfigur Ida Ehre sowie um Aufführungen, die auch über Hamburg hinaus in die Theatergeschichte eingegangen sind, Draußen vor der Tür natürlich, aber auch etwa Wilders Wir sind noch einmal davongekommen. Dann gab Werner Burkhardt, in der Nähe der Hartungstraße aufgewachser Theaterkorrespondent der Süddeutschen, dem anwesenden Kritiker-Nachwuchs eine kleine Lehrstunde: Er erinnerte sich genau an Einzelheiten aus den Aufführungen in den späten 40er Jahren, denen er als Halbwüchsiger beigewohnt hatte.

Kultursenatorin Christina Weiss hatte zu Beginn spürbar gemacht, daß ihr das Haus wirklich am Herzen liegt – wie jedem der am Festakt Beteiligten. drk

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