: Apollo mit der E-Gitarre unterwegs
■ Künstlerheinis mit Witz: Schwermuth Forrest mit instrumentaler Versponnenheit
Irgendwann in der Schule kommen Jungs drauf, daß es für sie noch etwas anderes geben muß als für sie von Eltern und anderen vorausgesagt wird. Beim Studium tut sich dann die gängige Zweiteilung auf: Weil sich unser Jungsjunge sicher fühlen will, geht er ins Seminar, weil er sich für etwas Besonderes hält, gründet er eine Band. Das gehört zur Dichotomie des Twentysomethings in der BRD.
Weil er seine Individualität wittert und sein Anderssein herbeihalluziniert, klingt die Musik, die seine Band macht, spröde und nach Ideen unter Druck. Weitere Bestandteile dieser Musik: Die Absicht, den Lieblingsfeindklischees den Garaus zu machen. Und die Hoffnung, unterscheiden zu können, ob man beim Singen und Spielen Tiefe erreicht oder ein Verhältnis zu Machtgefühlen entwickelt. Auch wenn das Singen und Spielen bedeutet, sich so zum Affen zu machen, wie es dem absoluten Beginner ein ganzes Leben lang vorher noch nicht untergekommen ist.
Die Gruppe Schwermuth Forrest ist ein Haufen aus solchen Jungs. Pro Komposition wägen sie ab, ob sie lieber den Romantiker hervorkehren möchten oder bis in die Fingerspitzen überlegt auf der Szene erscheinen wollen. Ihre Mischung aus Grateful Jazz, warmer instrumentaler Versponnenheit und nachdenklichem Folk ist in Deutschland ohne Vergleich – auch wenn man das über Einige im Land sagen kann.
Bei Schwermuth Forrest verbindet sich aber das, was mal eine Idee von weidlich unbrauchbarem Künstler-Heinitum hätte werden können, mit Witz. Schwermuth Forrest stehen nicht mehr unter Druck. In ihren Stücken läßt sich ab und zu ein Grinsen entdecken, aus ihren Arrangements läßt sich das Lachen der Götter heraushören: Apollo mit der E-Gitarre unterwegs und ein paar Titanic-Ausgaben im Flügel.
Es ist wohl der eigenen Launigkeit geschuldet, daß es bisher außer einer Single und halboffiziellen Kassetten keine „große“ Platte von einer Gruppe gibt, die uns allen etwas mitzuteilen hat.
Kristof Schreuf Sa, 16. 12., Hans Karmers Tanz-café, 21 Uhr
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