piwik no script img

Die nächsten Schritte

Im Abkommen von Dayton sind die Fristen für den Friedensplan genau festgelegt. Der UNO-Sicherheitsrat muß noch zustimmen  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Mit der gestrigen Unterzeichnung ist das Bosnien-Abkommen offiziell in Kraft getreten. Damit gelten nunmehr auch die darin vorgesehenen Fristen für die zivile Umsetzung des Abkommens. Die militärischen Vereinbarungen können dagegen erst ab Montag oder Dienstag Gültigkeit erlangen. Der Sicherheitsrat in New York muß nämlich erst noch der von der Nato geführten multinationalen Truppe den offiziellen Auftrag erteilen. Auf dieser Basis will dann der Nato-Rat seinen endgültigen Beschluß zur Entsendung von über 60.000 Soldaten aus Nato-Staaten fassen, die von 10.000 Soldaten aus 14 weiteren Ländern unterstützt werden sollen. Kontroversen über die genaue Formulierung des Auftrags, Personen festzusetzen, die vor dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal in Den Haag angeklagt sind, könnten die Beschlüsse des Sicherheitsrats und des Nato-Rats allerdings noch verzögern.

Innerhalb von 96 Stunden nach diesen Beschlüssen sollen bis zu 10.000 Soldaten in die drei Hauptquartiere Tuzla (USA), Gorny Vakuf (Großbritannien) und Mostar (Frankreich) sowie an strategisch wichtige Punkten verlegt werden. Als strategisch wichtig gelten alle Gebiete, in denen laut Abkommen Gebiete von den Serben an die muslimisch-kroatische Föderation abgegeben werden müssen oder umgekehrt. Bis spätestens Ende Januar sollen die multinationalen Truppen vollständig im Einsatz sein.

Am kommenden Montag werden in Bonn im Beisein von Vertretern der Konfliktparteien sowie Serbiens, Kroatiens und der EU die Verhandlungen über Rüstungsbegrenzung und vertrauensbildende Maßnahmen beginnen. Die Verhandlungen werden dann in Wien im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fortgesetzt und sollen spätestens bis 45 Tage nach Inkrafttreten des Bosnienabkommens „erste Vereinbarungen“ erbringen.

Diese Bemühungen stehen allerdings im Widerspruch zur Entscheidung des UNO-Sicherheitsrates über die Aufhebung des Waffenembargos. Danach dürfen nämlich drei Monate nach Inkrafttreten des Abkommens leichte Waffen und weitere drei Monate später auch Panzer und schwere Artillerie nach Bosnien gebracht werden.

Experten der Weltbank sowie der potentiellen Geberstaaten beraten am Mittwoch und Donnerstag nächster Woche in Brüssel über die im ersten Vierteljahr benötigten Gelder. Die ursprünglich geplante Geberkonferenz auf Außenministerebene soll wegen der Uneinigkeit über die Verteilung der finanziellen Lasten erst im Februar oder März stattfinden.

Mit dem Wiederaufbau zerstörter Häuser in ausgesuchten Regionen soll umgehend das Programm zur „freiwilligen“ Rückführung der fast drei Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen beginnen. Das zuständige UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) in Genf rechnet angesichts des Winters allerdings nicht mit einer breiten Rückkehrwelle.

Bis zum 18. Januar müssen die Konfliktparteien ihre militärischen Verbände auf Orte mindestens zwei Kilometer hinter den Waffenstillstandslinien zurückziehen. In Regionen, die laut Abkommen, von der muslimisch-kroatischen Föderation an die Serbische Republik fallen oder umgekehrt, läuft die Frist bis zum 2. Februar. Am 18. April müssen alle Streitkräfte und schweren Waffen in den Kasernen stationiert sein.

Für Mai, spätestens August nächsten Jahres sieht das Abkommen Wahlen zu den Parlamenten und Präsidentschaften Bosniens sowie der muslimisch-kroatischen Föderation und der Serbischen Republik vor. Zur Vorbereitung dieser Wahlen werden zu Beginn des nächsten Jahres rund 300 Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nach Bosnien entsandt werden.

Für spätestens Dezember nächsten Jahres ist der Abzug der multinationalen Truppen geplant. Allerdings ist auch eine allmähliche Reduzierung der Truppenanzahl über einen längeren Zeitraum im Gespräch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen