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Bürgermeisterwahl endet vor Gericht

■ Innenverwaltung will Wahl in Prenzlauer Berg nicht anerkennen, PDS will klagen. Verleumdung von Kleinert

Trotz der Wahl des PDS-Kandidaten Burkhard Kleinert am Mittwoch abend ist weiter ungewiß, wer Bürgermeister in Prenzlauer Berg wird. Senatsinnenverwaltung und CDU hielten schon im vorhinein die Wahl für rechtswidrig, weil zwei Kandidaten zur Wahl standen. Die Rechtmäßigkeit einer konkurrierenden Wahl des Bürgermeisters soll jetzt juristisch geklärt werden: Sollte der Senat die Ernennung Kleinerts verweigern, will die PDS dagegen klagen. Im umgekehrten Fall will die CDU die Gerichte anrufen.

Nach der Aussage von Andreas Schmid von Puskas von der Senatsinnenverwaltung hätte es nur einen Wahlvorschlag geben dürfen. Dieser hätte der Zählgemeinschaft aus SPD und Wählergemeinschaft Bündnis Prenzlauer Berg zugestanden. „Mir geht es keineswegs um die Verhinderung eines PDS- Bürgermeisters“, betont Schmid von Puskas. Wenn die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) den PDS-Kandidaten in einem neuen Wahlgang ohne Gegenkandidat der Zählgemeinschaft bestätigen würde, stünde einer Anerkennung nichts im Wege.

PDS, SPD und Bündnis Prenzlauer Berg hatten sich für eine konkurrierende Wahl zwischen dem bisherigen Sozialstadtrat Reinhard Kraetzer (SPD) und Burkhard Kleinert (PDS) entschieden. Die CDU-Fraktion hatte angekündigt, sich aus Protest dagegen nur an der Wahl Kraetzers zu beteiligen. Das knappe Wahlergebnis sorgte für eine Überraschung. Kraetzer hatte von allen 45 Verordneten nur 22 Stimmen bekommen. 23 stimmten gegen ihn. Kleinert kam die Nichtbeteiligung der CDU zugute. Von 36 abgegebenen Stimmen erhielt er 18, bei 17 Gegenstimmen und einer Enthaltung. BVV-Vorsteher Günter Bärwolff (PDS) erklärte Kleinert für gewählt.

Reinhard Kraetzer (SPD) war offenbar an dem Stimmverhalten seiner eigenen Fraktion gescheitert. Andreas Apelt, Kreisvorsitzender der CDU, meinte, seine Fraktion habe sich nur mit Bauchschmerzen überhaupt an der Wahl beteiligt, um dem SPD-Kandidaten die notwendigen Jastimmen zu liefern. Sieben von neun CDU-Verordneten hätten für Kraetzer gestimmt. Auch das Bündnis will mit allen sieben Stimmen für den SPD- Kandidaten votiert haben. Demnach müßten vier von zwölf SPD- Verordneten gegen ihren eigenen Kandidaten gestimmt, mindestens ein SPDler gar Kleinert gewählt haben. „Wenn wir wüßten, wer das war, würden wir die Messer wetzen“, kommentierte Ephraim Grothe (SPD).

Vor der Wahl war ein anonymes Schreiben aufgetaucht, in dem Burkhard Kleinert eine „verantwortliche Position in einer mafia- ähnlichen Struktur“ vorgeworfen wurde. Gegen ihn laufe ein Ermittlungsverfahren der Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität. Die zuständige Staatsanwaltschaft hatte auf Anfrage jedoch mitgeteilt, daß Kleinert nicht als Beschuldigter geführt wurde oder wird.

Mit der Wahl Kleinerts stellt die PDS inzwischen fünf Bezirksbürgermeister. Nach Wolfram Friedersdorff (Lichtenberg), Uwe Klett (Hellersdorf) und Harald Buttler (Marzahn) kam in Hohenschönhausen auch Bärbel Grygier durch die Stimmenthaltung der Bündnis-Abgeordneten zu einer Mehrheit von 21 zu 20 Stimmen. Nach einer weitgehenden Einigung von PDS und Bündnis deutete sich für gestern abend auch in Mitte die Wahl der PDS-Kandidatin Sylvia Jastrzembski an. Gereon Asmuth

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