Als Spion eine Niete

■ CDU-Bürgermeister funktionierte einfach nicht so, wie es sich sein Führungsoffizier gewünscht hätte

Stuttgart (taz) – Einen Freispruch erster Klasse darf der ehemalige CDU-Gemeindedirektor von Wedemark (Kreis Hannover) erwarten, der vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart angeklagt ist, 16 Jahre lang für den DDR-Geheimdienst spioniert zu haben. Gestern entlastete ihn sein ehemaliger DDR-Führungsoffizier. Uwe Matysek habe bis zum Schluß nie erfahren, für wen er eigentlich arbeitete und immer angenommen, seine Gutachten seien für den Unilever-Konzern bestimmt. Seine früheren Angaben, wonach Matysek als Bürgermeister von Achern (Baden) geheime Nato-Unterlagen an die Stasi weitergegeben habe, seien falsch. Vielmehr habe er sich die Papiere heimlich aus Matyseks Aktenschrank stibitzt und fotokopiert.

Der als „Herr Möbius“ bekannte Führungsoffizier zeigte sich auf dem Gerichtsflur tief betrübt darüber, daß Matysek unschuldig fünf Wochen in U-Haft gesessen hat. Er habe nur deshalb alles falsch dargestellt, um gegenüber der Stasi anzugeben, wie groß sein Einfluß auf den Bürgermeister von Achern sei. Auch später habe er gegenüber der Bundesanwaltschaft an dieser Version festgehalten. In Wahrheit aber sei Matysek spionagemäßig eine ziemliche Niete gewesen. Alle Versuche, ihn in ein Bonner Ministerium zu hieven, seien fehlgeschlagen, da Matysek lieber in die Kommunalpolitik gegangen sei. Auch die Bemühungen des DDR-Agenten, aus dem eher liberalen CDU-Mann einen strammen Rechten zu zimmern, seien leider fehlgeschlagen.

Nun muß der inzwischen als Geschäftsmann arbeitende Ex-Stasi- Offizier mit einem Verfahren wegen Falschaussage und Freiheitsberaubung rechnen. „Herr Möbius“ kommentierte das wie folgt: „Einen trifft es halt immer.“ Philipp Maußhardt