Nordrhein-Westfalens Grüne auf Schlingerkurs

Grüne Ratsfraktionen warnen vor Bruch mit der SPD. Entscheidung des Parteitags völlig offen  ■ Von Walter Jakobs

Düsseldorf (taz) – Die grünen Ratsfraktionen der rot-grün regierten Städte in Aachen, Bielefeld, Bonn, Düsseldorf und Wuppertal haben gestern in einem gemeinsamen Aufruf an die Partei appelliert, die Koalition mit der SPD jetzt fortzusetzen. Zwei Tage vor dem entscheidenden grünen Parteitag in Hamm, erklärten die FraktionssprecherInnen der fünf Städte: „Wir halten es für falsch und verheerend, bereits nach wenigen Monaten dieses zweifellos schwierige Projket aufzugeben.“ Die Koalition befinde sich „durch den einseitigen Koalitionsbruch der NRW-SPD“ zwar in einem „miserablen Zustand“, aber die Bilanz der Grünen könne sich dennoch „sehen lassen“. Der von der Landtagsfraktion ausgehandelte Haushalt, über den in der nächsten Woche in dritter Lesung endgültig abgestimmt wird, markiere den „Beginn einer reformorientierten, sozialen und ökologischen Veränderung der NRW-Landespolitik“.

Sieben der 54 grünen Kreisverbände fordern in einem Antrag den Parteitag inzwischen auf, die Koalition mit der SPD zu beenden. Für einen Aufschub der Entscheidung plädiert dagegen die Minderheit der 24köpfigen Landtagsfraktion. Die elf Abgeordneten, die sich bei den Haushaltsberatungen in dieser Woche der Stimme enthalten hatten, wollen in der kommenden Woche nun doch zustimmen, „um Spielraum für weitere Verhandlungen zu eröffnen“. Der Parteitag solle die Landtagsfraktion gleichzeitig „ermächtigen“, die „Koalition zu beenden, falls die SPD vor einer Einigung der Koalitionspartnerinnen Fakten schafft“. Eine endgültige Entscheidung könne dann die im Mai geplante Landesdelegiertenkonferenz treffen. Ihr müsse die Fraktion dann einen Bericht über die Einhaltung des Koalitionsvertrages vorlegen.

Von prominenten Gegnern wie Befürwortern der Koalition aus den Reihen der Grünen wurde dieser Vorstoß gestern zurückgewiesen. Der Antrag der Fraktionsminderheit, so der Koalitionsgegner und frühere Bundestagsabgeordnete, Eckhard Stratmann-Mertens, führe in die Irre, weil er „Illusionen“ über die Verhandlungsbereitschaft der SPD wecke. Auch die beiden grünen MinisterInnen, Bärbel Höhn und Michael Vesper, warnten gestern vor einer Vertagung. Vesper wörtlich: „Wir brauchen jetzt eine klare Entscheidung und dürfen nicht neue Knackpunkte und Ultimaten aufstellen“. Der Sprecher von Ministerpräsident Johannes Rau, Wolfgang Lieb, charakteriserte die Vertagungsinitiative als ein „vergiftetes Angebot“ für die Koalition. SPD– Fraktionschef Klaus Matthiesen machte gestern noch einmal klar, daß die SPD Clement bei den umstrittenen Verkehrsprojekten in Dortmund, Bochum und Köln geschlossen unterstütze. Matthiesen wörtlich: „Diese Positionen sind nicht verhandelbar.“