: Autobahnbau überrollt den Bahnhof Ostkreuz
■ Ostkreuz-Umbau kommt nicht in Gang. Grüne kritisieren: Verlängerung der A100 blockiert die Bahnhofssanierung
Dem Umbau des Bahnhofs Ostkreuz kommt nicht allein der Denkmalschutz, sondern auch die geplante Autobahnverlängerung der A100 von Neukölln bis Lichtenberg in die Quere. Die doppelstöckige Schnellstraße, die nach Senatsplänen unter den Ost-West- Bahnsteigen hindurchführen soll, blockiert die Sanierung des Knotenpunktes Ostkreuz auf lange Sicht. Das geht aus einem internen Papier der Bau- und Verkehrsverwaltung hervor, das der taz vorliegt. Demnach hat für die Verwaltung die Planung für die Autobahn Priorität vor der Sanierung des Bahnhofes Ostkreuz.
Nach Ansicht von Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, verhindert der Senat mit seiner „schienenfeindlichen Politik“ den zügigen, 850 Millionen Mark teuren Umbau des maroden Bahnhofs. Anstatt auf den schnellen Baubeginn bei der Bahn zu drängen, habe die Verkehrsverwaltung auf den „millionenschweren Weiterbau der Autobahntrasse parallel zu den S-Bahn-Gleisen gesetzt“, so Cramer. „Damit wurde dem Ostkreuz – ähnlich der S-BahnLücke Neukölln–Treptower Park – ein mittlerweile fünfjähriger Baustopp verordnet, weil diese Bahnplanung abhängig vom Autobahnneubau A100 wurde.“
Außerdem, kritisierte Cramer, bleibe die Finanzierung ungeklärt, „da für die Autobahn bei der Ostkreuz-Sanierung Vorleistungen in dreistelliger Millionenhöhe getätigt werden müssen“. Berlin könne diese Kosten nicht aufbringen. Der grüne Politiker forderte den Senat auf, sich von der Autobahnverlängerung zu verabschieden und der S-Bahn „tatsächlich Vorrang“ und dem Ostkreuz „grünes Licht“ einzuräumen.
Bei der Modernisierung sollen Bahnsteige und Gleisanlagen erneuert werden. Die Denkmalschützer hatten unlängst von der Bahn verlangt, ein Konzept auszuarbeiten, mit dem alte Anlagen behutsam erneuert werden können. „Nach dem derzeitigen Stand kommt ein Baubeginn nicht vor dem Jahr 2000 in Frage“, sagte Irene Liebau, Sprecherin der Bahn. Ursprünglich sollte das Ostkreuz ab 1997 umgebaut werden.
Obwohl die Verkehrsverwaltung laut Pressestelle keine Behinderungen zwischen der Bahnhofs- und Autobahnplanung sieht, spricht die interne Vorlage den Vorrang der A100 vor dem Ostkreuz-Umbau an. In dem Schreiben zur „Straßenplanung“ von Verkehrsplaner Ural Kalender an Bau- und Verkehrssenator Jürgen Klemann heißt es: „Für die BABA100 (Bundesautobahn A 100) muß jedoch die Planung für den Bereich Ostkreuz vorgezogen werden, da die Deutsche Bahn AG hier Bahnanlagen umbaut und auf die Vorgaben seitens der Straßenplanung angewiesen ist.“
Sabine Wolff, Sprecherin im Hause Klemann, weist die Kritik von Cramer trotzdem zurück. „Die Abstimmung müssen der Bund und die Bahn miteinander ausmachen.“ Die Autobahnpläne würden die Sanierung des Bahnhofs Ostkreuz nicht gefährden. rola
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