: Anklage gegen Diestel
■ Der letzte Innenminister der DDR soll Grundstück unter Wert gekauft haben
Potsdam/Rostock (dpa) –
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat gegen den früheren DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel Anklage wegen Veruntreuung erhoben. Sie wirft Diestel vor, 1990 in seiner Amtszeit als DDR-Innenminister für rund 193.000 Mark ein Villengrundstück erheblich unter Wert gekauft zu haben. Der tatsächliche Wert des etwa 3.500 Quadratmeter großen staatlichen Seegrundstücks habe 770.000 Mark betragen, erklärte die Staatsanwaltschaft. Über die Eröffnung der Hauptverhandlung hat das Berliner Landgericht noch nicht entschieden.
Diestel, der auch Präsident des Fußball-Bundesligisten Hansa Rostock ist, verteidigte gestern den Kauf der Zeuthener Villa. Er habe das Haus mit Wissen und Zustimmung der DDR-Volkskammer erworben. Einige tausend Häuser seien damals auf diese Weise veräußert worden. „Man kann heute nicht ehemaliges DDR-Recht zu Unrecht erklären“, sagte Diestel. Er vermutet in der Anklage eine Reaktion auf seine Ankündigung, in die Politik zurückzukehren.
Um die Villa gibt es seit Jahren Streit. Im Oktober 1994 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), daß Diestel die Immobilie an den Bund zurückgeben muß. Es bestätigte seinerzeit ein Urteil des Potsdamer Bezirksgerichts. Danach sei der von dem CDU-Politiker im Juli 1990 an sein eigenes Ministerium gezahlte Kaufpreis inakzeptabel niedrig gewesen und der Kaufvertrag damit nichtig.
Die Villa war 1930 erbaut und vom DDR-Innenministerium als Gästehaus genutzt worden. Mit dem Kauf habe das Ehepaar Diestel auch gegen die nach DDR- Recht geltenden Grundsätze redlichen Verhaltens verstoßen, so der BGH. Für andere Interessenten sei ein Erwerb gar nicht erst in Betracht gekommen. Selbst nach der Arbeitsrichtlinie des DDR-Wirtschaftsministeriums vom 18. Juli 1990 sei der wahre Wert des Villengrundstücks 3,6mal so hoch wie der vereinbarte Kaufpreis, stellte der BHG fest.Portrait Seite 11
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen