: Wagenburgen sollen in den Wald verduften
■ Sozialsenatorin Hübner (CDU) will Wagenburgen nach Brandenburg umsiedeln. Stadtgüter als Standort geplant
Alle Wagenburgen sollen aus der Stadt raus. Um die vom Senat beschlossene Auflösung der acht innerstädtischen Wagenburgen durchzusetzten, bereitet die Sozialverwaltung jetzt sogar Umsiedlungen nach Brandenburg vor. „Alle bisherigen Grundstücksvorschläge sind am Widerstand der Bezirke gescheitert“, erklärte Gabi Lukas, Sprecherin der Sozialverwaltung. Die Bezirke würden zwar grundsätzlich einen Umzug von Wagenburgen aus der Mitte Berlins in andere Bezirke gutheißen, doch keiner wolle die Wagenburgler bei sich aufnehmen. Man müsse daher jetzt auf landeseigene Grundstücke zurückgreifen, erklärte Lukas. Die Gesundheits- und Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) läßt daher derzeit eine Umsiedlung auf Berliner Stadtgüter prüfen.
Die Stadtgüter hatte Berlin um die Jahrhundertwende erworben. Sie dienten als Rieselfelder zur Reinigung der Abwässer oder als Ersatz für verlorengegangene innerstädtische Erhohlungsflächen. Auch zur Unterbringung sozial gefährdeter Personen wurden Grundstücke aufgekauft. Seit der Wiedervereinigung werden die Gelände von der landeseigenen Stadtgütergesellschaft verwaltet. Wie Knut Lucht von der Stadtgüter GmbH bestätigte, wurden be„reits mehrere Gelände im Norden Berlins und südlich von Berlin, in Brandenburg gelegene Güter besichtigt. Letztere lägen im „unmittelbaren Verflechtungsraum Berlins innerhalb des Autobahnrings“. Ein endgültiger Beschluß sei noch nicht gefallen.
Geeignete Gelände müßten überwiegend mit Beton versiegelt sein, damit die Wagen nicht im Schlamm versinken, erklärte Lucht. Er erwartet auch weniger Proteste von Umweltschützern, wenn die Grundstücke bereits „zersiedelt“ seien. Weitere Kriterien seien Strom- und Frischwasserversorgung, eine zumindest provisorische Entwässerung und eine Einfriedung, die eine unkontrollierte Ausdehnung der Wagenburg verhindern soll. „Wir wollen etwas auf die Beine stellen, das für die Bewohner akzeptabel ist“, erklärte Lucht.
In Pankow existiert bereits seit längerem eine legalisierte Wagenburg auf einem Stadtgut. Trotz anfänglich erbittertem Widerstand, sei das heute ein akzeptierter Standort, meinte der Abteilungsleiter der Stadtgüter GmbH. Ob die Rollheimer ihre jetzt geplante Aussiedlung annehmen, scheint aber fraglich. „Die Wagenbewohner haben keinen Rechtsanspruch auf den Innenstadtbereich“, wehrte Gabi Lukas ab. „Wer dort leben will, soll die Wohnungsangebote in den Bezirken annehmen.“ Die anderen müßten außerhalb gelegene Standorte akzeptieren.
Aber ob sie dort willkommen sind, ist ungewiß. Rupert Schröter, Sprecher der brandenburgischen Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD), hielt die Lösung zwar für vorstellbar, ungeklärt sei jedoch die Frage der sozialen Kosten, die die schon überlasteten Brandenburger Kommunen übernehmen müßten. Gereon Asmuth
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