: Polizei stürmt Seouls Uni
■ Studenten wollen gesamtkoreanisches Festival trotz Verbots zu Ende führen
Seoul (dpa) – Rund 6.000 südkoreanische Soldaten und Polizisten haben gestern in Seoul mehrmals vergeblich versucht, gewaltsam ein Universitätsgelände von demonstrierenden Studenten zu räumen. Bei den Erstürmungsversuchen wurden Hubschrauber und Tränengas eingesetzt. Hunderte von Studenten, die sich hinter Möbeln und brennenden Autoreifen verschanzt hatten, wehrten sich mit Eisenstangen und Brandbomben. Über die Zahl der Verletzten gab es zunächst keine Angaben.
Etwa 4.500 Studenten waren am Morgen in die Universität im Westteil der Stadt eingedrungen, nachdem die Polizei tags zuvor dasselbe Gelände schon einmal geräumt hatte. Bis zum Abend standen etwa noch 1.000 Studenten, die sich nicht vertreiben ließen, den Polizisten gegenüber. Die Jugendlichen erklärten, daß sie ein von Studentenverbänden organisiertes Festival zur Wiedervereinigung des geteilten Koreas zu Ende führen wollten. Die dreitägige Veranstaltung, die offiziell verboten wurde, sollte bis gestern abend dauern.
Die Studenten forderten die Polizisten nach der ersten Räumung zum Abzug auf. Sie drohten mit neuen gewaltsamen Auseinandersetzungen, falls dies nicht geschehe. Vor den Toren der Universität und an verschiedenen Orten der Seouler Innenstadt kam es im Verlauf des Tages zu mehreren Straßenschlachten. Über 20.000 Militärs und Polizisten waren rund um die Uhr im Einsatz, um die Eingänge von Unis und U-Bahn-Stationen zu kontrollieren.
In den vergangenen vier Tagen gab es zahlreiche Kämpfe zwischen Polizei und Studenten. Dabei wurden Fernsehberichten zufolge rund 220 Personen zum Teil schwer verletzt. Die Regierung hatte das Festival verboten, weil dabei pro-nordkoreanische Ideen verbreitet würden. Die Veranstaltung wurde von der pannationalen Vereinigung „Pomchonghangnyon“ unterstützt, der Studenten aus beiden Teilen Koreas und aus Übersee angehören.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen