: Alte Geschäfte im neuen Laden
Ein neuer Laden für Neonazi-Klamotten hat am Berliner Tor eröffnet. Er ist der Nachfolger des Geschäfts „Odin + Freya“, das vor vier Monaten in der Talstraße auf St. Pauli schließen musste
Von Andreas Speit
Nicht weit von der S-Bahnstation Berliner Tor, in der Straße Bürgerweide, können rechtsorientierte Jugendliche und Erwachsene jetzt wieder szenetypische Bekleidung erwerben. Im Schaufenster des neuen Ladens für alte Gesinnungen steht ein Torso mit einem T-Shirt: „Fight Club“. Bekanntere rechte Marken wie „Pro Violence“ oder „Masterrace“, die Passanten auffallen könnten, liegen nicht aus.
Das Bekleidungsgeschäft „Unbreakable Streetwear“ wirkt harmlos. Der Betreiber Volker Fuchs ist es weniger. Seit längerem bewegt er sich in der militanten Neonazi-Szene der Hansestadt. In Stellingen nahm er im Mai 2006 im „Ratskeller“ an einer Veranstaltung mit Angehörigen der „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS“ (HIAG) teil, im Oktober ging er bei einem NPD-Aufmarsch in Wandsbek mit. Die Beteiligung dürfte mehr als der bloßen Kundenpflege geschuldet gewesen sein.
An der Tür des etwas schäbig wirkenden Geschäfts klebt ein HSV-Supporter-Sticker, am Briefkasten stehen der Geschäftsname und eine Handynummer. Der Name des Inhabers ist nicht sichtbar angebracht. „Das müsste aber sein“, erklärt das Gewerbeamt und verspricht: „Wir werden uns darum kümmern.“
In besserer Lage hatte Fuchs im Mai 2005 schon einmal einen Szeneladen eröffnet. Offiziell war er in dem Laden „Odin + Freya“ bloß angestellt. Nahe der Reeperbahn in der Talstraße konnte der geneigte Kunde Szenemarken wie „Thor Steinar“ oder „Sportfrei“ kaufen. Der Laden entwickelte sich zu einem Treffpunkt von Neonazis und rechten Hooligans. Gern schauten Kader der NPD und der Freien Kameradschaften, wie Thorsten de Vries und Alexander Hohensee, vorbei. Anwohner und Betroffene berichteten mehrfach, vor dem Laden bedroht und angegriffen worden zu sein. Anzeigen wegen Bedrohung und Körperverletzung folgten.
Nach anhaltenden Protesten von Hausbewohnern, Stadtteilinitiativen und Antifagruppen kündigte die Grundstücksverwaltung den Mietvertrag zum 30. September 2006. Zur Abschiedsparty kamen an die 50 Neonazis in den Laden, davor protestierten spontan über 200 Anwohner und Passanten. Später am Abend, erzählte eine Kiezbesucherin, „haben die Nazis Leute angegriffen“. Ein anderer Kneipengänger sagte, Jugendliche, auf deren Bekleidung St. Pauli- oder Antifa-Slogans prangten, seien von den Nazis „regelrecht gejagt“ worden. Über Stunden sperrte die Polizei die Talstraße ab. Als sie die Rechten mit Bussen wegbringen wollten, flogen Flaschen und Steine.
Im neuen Geschäft dürften Fuchs Kunden und Freunde sicher auch wieder kleine Partys mit Rechtsrock ausrichten. Billiges Bier können sie gegenüber in einem Einkaufscenter holen. Laut Internetauskunft gehört der „Hanseatischen Baugenossenschaft Hamburg eG“ das Gebäude, in dessen Erdgeschoss der Laden gerade eröffnet wurde. Willkommen ist Fuchs in dem Stadtteil aber auch nicht. Die Schaufenster sind schon kaputt.