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Freispruch zweiter Klasse

■ Rita Süssmuth ist immer nur dienstlich geflogen – sagt ihr Kollege Ulrich Klose

Berlin (taz) – Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) hat die Flugbereitschaft der Bundeswehr nicht für private Zwecke mißbraucht. Ihr Präsidiumskollege Hans-Ulrich Klose (SPD) attestierte ihr gestern bei der Vorstellung seines Berichts über die „Affäre“, daß alle Flüge in die Schweiz „dienstlich begründet“ gewesen sein und somit auch nicht im Widerspruch zu den „Richtlinien und der auf sie gestützten Genehmigungspraxis“ standen.

Trotzdem räumt das Gutachten ein, daß nicht alle Vorwürfe gegen die Politikerin ausgeräumt werden konnten. Denn Süssmuth war häufig mit Hinweis auf die „Gefährdungslage“ durch die Jets der Luftwaffe befördert worden. Inwieweit sie immer gefährdet gewesen sei, konnten Klose und seine Gutachter nicht klären. Immerhin fanden sie aber ein Schriftstück aus dem Bundesinnenministerium aus dem Jahre 1989, in dem es wörtlich heißt: „Konkrete Gefährdungserkenntnisse liegen derzeit nicht vor.“ An dieser Einschätzung hat sich seither nichts geändert.

Peter Struck, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, akzeptierte das Entlastungsurteil seines Parteigenossen Klose überwiegend. Dennoch meinte er, daß es sich nicht um „einen absoluten Freispruch“ handele. Unterdessen erklärte Regierungssprecher Peter Hausmann (CSU), der Bundeskanzler halte wie stets an Rita Süssmuth fest. Das durch die Bild aufgebrachte Gerücht, Kohl werfe seiner Parteikollegin vor, der Politik „schweren Schaden“ zugefügt zu haben, dementierte Hausmann entschieden: „Diese Darstellung ist falsch.“

Diskutiert werden sollen jetzt auf Anregung Kloses – und auf ausdrücklichen Wunsch Kohls – die Richtlinien der Flugbereitschaft für die höchsten Bundestags- und Regierungspolitiker, um „Interpretationsschwierigkeiten“ (Klose) künftig zu vermeiden. JaF

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