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Forensische Psychiatrie

Für die Behandlung und Begutachtung kranker Sexualstraftäter ist die forensische Psychiatrie zuständig. Ihr Renommee ist schlecht, weil dieser Zweig der Psychiatrie ein Stiefkinddasein führt. Ihr Legitimationsdruck ist enorm. Denn die Öffentlichkeit geißelt zunächst die für die Entlassung verantwortlichen Kliniker, wenn es zu einem Sexualverbrechen kommt, bei dem der Täter einschlägig vorbestraft ist.

Die Misere muß benannt werden. Weder gibt es genügend geeignete Behandlungsangebote, mit denen Sexualstraftäter therapiert werden, noch existiert eine systematische Ausbildung zum forensischen Gutachter. Statt dessen erarbeiten sie sich die Kriterien in der Praxis. Expertisen über die „Legalprognose“ eines Sexualstraftäters darf jeder Arzt erstellen, der 15 Stunden forensische Psychiatrie während seines Studiums belegt hat.

Auch gibt es keine anerkannten Kriterien dafür, was Begriffe wie „Aggressionskontrolle“ oder „Triebaufschub“ bedeuten – sie täuschen Klarheit vor, die es aufgrund des fehlenden Wissens über Abgründe des Sexuellen erst in Ansätzen gibt. So beurteilt jeder Gutachter faktisch nach eigenem Gutdünken.

Sexualstraftäter sind die schwierigsten Psychiatriepatienten und haben keine Ähnlichkeit mit denen aus der Allgemeinpsychiatrie. Es fehlt an flexiblen Konzepten für die individuelle Betreuung dieser psychisch Kranken. Aber wegen des bereits erwähnten Legitimationsdrucks muß der Gutachter so tun, als wüßte er schon alles. Was wir wissen, ist nur dies: Sexualstraftäter, die nicht im Knast, aber in geschlossenen Häusern therapiert wurden, werden seltener rückfällig. Florian Weber

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