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Handverlesene Jugendproblematik

■ Das heutige „Stadtforum“ widmet sich erstmals Problemen von Jugendlichen. Politikprofessor Peter Grottian hat die Veranstaltung initiiert, übt jetzt aber Kritik und fürchtet „Entpolitisierung“

Unter dem Motto „Freiheitsraum oder Frustraum?“ soll es bei der morgigen 64. Sitzung des Stadtforums erstmals um Jugendliche und Ansätze einer jugendgerechteren Stadt gehen. Die ursprüngliche Idee dazu kam von Peter Grottian, Professor für Politologie am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität (FU), der das für morgen geplante Programm jetzt jedoch kritisiert.

Grottian stellte Ende vergangenen Jahres in der Lenkungsgruppe des Stadtforums, das die Sitzungen vorbereitet und anschließend öffentliche Empfehlungen formuliert, sein Konzept „Jugend in der Glitzer- und Armutsmetropole Berlin“ vor. So sollte es darum gehen, im Stadtforum die derzeit „völlig schiefe Jugenddebatte“, die sich primär auf Statistik von Lehrstellen, Jugend und Drogen sowie Musikstile beziehe, auf die „konkreten Arbeits-, Lebens- und Überlebensperspektiven“ zuzuspitzen. Grottian forderte „einen jugendpolitischen Angriff“, eine Veranstaltung, in der nicht Experten, sondern die Jugendlichen selbst dominieren. So plante er ein Podium zum Thema „Schule, Arbeit, Ausbildungsplatz“ und die Handlungsspielräume, die Kids dabei haben (könnten). Weiterhin wollte er über den „Verfall der öffentlichen Jugendkultur“ diskutieren und Visionen über eine mögliche Selbstorganisation entwickeln. Als drittes Forum war eine Diskussion über die „Vertreibung der Jugend aus dem öffentlichen Raum“ geplant.

„Die Lenkungsgruppe war von meinem Ansatz anfänglich überzeugt“, sagt Grottian, „weil Jugend tatsächlich nie ein Thema des Stadtforums war.“ Doch nach weiteren Sitzungen sei die Konzeption in eine „Schieflage zugunsten der üblichen Struktur des Stadtforums geraten“, bemängelt der Politikprofessor. So sei Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) dagegen gewesen, die Veranstaltung in der Kulturbrauerei stattfinden zu lassen. „Unser Stammpublikum in die Kulturbrauerei zu bringen wäre sehr schwer. Da kann es Berührungsängste geben“, begründet Philipp Meuser, der für die inhaltliche Koordination des Stadtforums zuständig ist, die Entscheidung, wie üblich im ehemaligen Staatsratsgebäude zu tagen.

Grottian kritisiert weiter, daß es heute fast ausschließlich um Jugend und deren Verhältnis zum öffentlichen Raum gehe. „Das ist zwar auch wichtig, aber andere Themen wie Lehrstellenmangel stehen einfach im Vordergrund.“ Er befürchtet, daß die Veranstaltung durch den engeren Fokus „entpolitisiert“ werden könnte. Philipp Meuser sieht das anders: „Grottians Konzept war zu breit. Damit hätte man locker drei Stadtforen bestreiten können.“ So geben morgen mehrere Jugendliche viertelstündliche Statements zu ihrer aktuellen Lebens- und Arbeitssituation ab, am Nachmittag diskutieren Stadt- und Jugendsoziologen über politische Handlungsspielräume und die Verdrängung Jugendlicher aus dem öffentlichen Raum. Was sich als politische Konsequenz aus dem Stadtforum ergebe, weiß Meuser noch nicht. Jedoch sei in der Lenkungsgruppe darüber diskutiert worden, ob nicht regelmäßig ein Jugendstadtforum eingerichtet werden solle. Julia Naumann

Die Sitzung des Stadtforums findet heute im ehemaligen Staatsratsgebäude, Schloßplatz 1 in Mitte, von 14 bis 19 Uhr statt.

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