: Marlboro-Mann muß in die Wüste
■ Nur das Europaparlament kann das EU-Verbot für Tabakwerbung noch stoppen. Bundesregierung und Lobbygruppen arbeiten heftig
Brüssel (taz) – Gegen den heftigen Widerstand der Bundesregierung haben die 15 EU-Forschungsminister gestern in Brüssel beschlossen, die Tabakwerbung bis 2006 schrittweise zu verbieten. Diese Entscheidung hatten die Gesundheitsminister bereits Anfang Dezember getroffen, gestern mußte sie nur noch formell abgenickt werden.
Weil das Verbot noch vom Europaparlament bestätigt werden muß, will Bonn nun gemeinsam mit der Zigarettenindustrie die Europaabgeordneten drängen, den Beschluß zu kippen. Die Chancen dafür stehen allerdings schlecht, denn in einer ersten Abstimmung hatte sich in Straßburg bereits eine große Mehrheit gegen die Tabakwerbung ausgesprochen. Vielen Abgeordneten ist der Beschluß der Regierungen eher zu weich als zu hart. Denn erst ab dem Jahr 2001 soll die Plakatwerbung verboten werden, die Raucheranimation in Zeitungen und Zeitschriften erst ab 2002, und bei Autorennen darf sogar noch bis Ende 2005 für Nikotin geworben werden.
Die Fristenlösung spiegelt den Druck der Werbelobby wider. Die härtesten Widerstände kamen von den Veranstaltern von Autorennen, die sich zu rund 40 Prozent aus den Einnahmen der Tabakwerbung finanzieren. Die britische Regierung wollte deshalb sogar eine unbefristete Ausnahme für den Motorsport, obwohl die Labour Party die Millionenspende von Formel-1-Chef Bernie Ecclestone inzwischen zurückgezahlt hat. Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer, der gegen das Verbot gestimmt hat, hält die Tabakwerbung für ungefährlich. Außerdem kritisiert er, daß die EU gleichzeitig jedes Jahr rund zwei Milliarden Mark für die Förderung der europäischen Tabakbauern ausgibt.
Doch für die Agrarsubventionen sind allein die Landwirtschaftsminister zuständig. Obwohl es in Deutschland nur im Südwesten ein paar Tabakpflanzer gibt, hält auch der deutsche Agrarminister an der EU-Förderung fest. Alois Berger
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