Wenig Programm, viel Schmuck

Feierlicher Rahmen und staatstragender Ton: Die Grünen revidieren ihre eigenen Beschlüsse und präsentierten ein Kurzprogramm für die nächsten vier Jahre  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

„Das falsche Symbol für die richtige Sache.“ Auf diese Formel haben sich Partei- und Fraktionsspitze der Bündnisgrünen nach tagelangen Beratungen geeinigt. Damit, so hoffen die Verhandlungsführer, soll die leidige Debatte um einen Benzinpreis von fünf Mark pro Liter zugunsten des Leitgedankens einer ökologisch-sozialen Steuerreform aus dem Wahlkampf verdrängt werden.

Für die Pressekonferenz, auf der das seit langem erwartete Kurzprogramm für die nächsten vier Jahre vorgestellt wurde, hatten sich die Veranstalter um einen feierlichen Rahmen bemüht. Der angebotene Saal der Bundespressekonferenz war mit dem Hinweis abgelehnt worden, der lasse sich nicht schmücken. So wurden die Medien in die Bonner Beethovenhalle gebeten. Dort nahmen dann Kerstin Müller und Joschka Fischer von der Fraktion sowie Gunda Röstel und Jürgen Trittin vom Vorstand gemeinsam vor Plakaten mit ihren Gesichtern Aufstellung am Pult.

Demonstriert werden sollte vor allem Geschlossenheit und Entschlossenheit der Partei. Der Ton war staatstragend, die Botschaft nach allen Ankündigungen der letzten Wochen wenig überraschend. Umstrittene Forderungen wie die nach einer deutlichen Benzinpreiserhöhung und einer Ablösung der Nato tauchen im Kurzprogramm nicht mehr auf, das noch vom Länderrat im Juni gebilligt werden muß.

Mit vorher offenbar genau verteilten Rollen sagten alle vier in vorbereiteten Statements im Kern ungefähr das gleiche. Es gehe nicht um eine Revision der langfristigen Parteitagsbeschlüsse von Magdeburg, sondern um die in den nächsten vier Jahren erreichbaren Ziele. Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit habe absolute Priorität. Dazu solle „ein neues Bündnis für Arbeit“ beitragen. Die „Gerechtigkeitsfrage“ müsse im Wahlkampf außerdem im Vordergrund stehen.

Bevor es neue Belastungen für die unteren und mittleren Einkommen gibt, soll es zunächst Entlastungen durch eine Steuerreform geben. Allzu präzise will sich die Partei da aber nicht festlegen: „Wir brauchen einen Kassensturz. Das schließt eine kritische Überprüfung der ausgabenwirksamen Vorhaben dieses Programms mit ein.“ Das klingt vertraut: Auch die SPD hat ihre Ziele unter Finanzierungsvorbehalt gestellt. Joschka Fischer würdigte als letzter Redner dann auch noch den Beschluß des Bundesvorstands zur Lage in Bosnien, in dem indirekt eine Verlängerung des SFOR-Mandats gefordert wird und der vom Länderrat als eigenständige Resolution gebilligt werden soll.

Nach den Stellungnahmen blieben nur noch ein paar Minuten für Fragen übrig. „Um 13.15 Uhr ist das Ende dieser Pressekonferenz vorgesehen, weil die Damen und Herren hier andere Termine haben“, erklärte Pressesprecher Harald Händel. So schöner Schmuck für so kurze Zeit.