■ Treibhauseffekt: Neue Studie zeigt konkrete Folgen für Bayern auf
: Bloß ein bißchen wärmer?

Immer wenn der Teer auf den Straßen schmilzt und das Eis in der Hand, taucht die Frage auf: Ist er das schon, der Treibhauseffekt? Wenn dann auch noch Ozonalarm ausgerufen wird, kommt so etwas wie Katastrophenstimmung auf. Und wenn auch noch der Treibhauseffekt kommt? Bei 38 Grad beschleicht so manchen naßgeschwitzten Autofahrer die Sorge, es könnte noch heißer werden.

Dann entdecken auch Boulevardzeitungen den Treibhauseffekt – und schmeißen gedankenlos alles zusammen, Ozonsmog und Ozonloch und beides mit dem Klimawandel, auch wenn die unmittelbar nichts miteinander zu tun haben. Ozonalarm ist eben anschaulich, der Treibhauseffekt nicht – da liegt das Problem. Okay, ein bißchen heißer im Durchschnitt – aber im Sommer könnte es ja meist ruhig ein bißchen wärmer sein. Was muß man sich vorstellen unter der Warnung der Klimaforscher, bis 2100 werde sich die Erdatmosphäre um zwei Grad aufheizen, wenn nichts gegen den wachsenden Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid getan wird? Kaum einer weiß das, der Treibhauseffekt bleibt abstrakt. Entsprechend mühsam kommt der Klimaschutz voran.

Da kommen die ersten Ergebnisse der Forscher vom Fraunhofer-Institut für Atmosphärische Umweltforschung genau zur rechten Zeit. Erstmals wurde das Kleinklima für eine Region, nämlich Bayern, präzise simuliert. Und gezeigt, daß der Treibhauseffekt in Deutschland deutlich härter zuschlägt als im Weltdurchschnitt. Bis zu sechs Grad etwa werden die Temperaturen im August in Bayern im Laufe des kommenden Jahrhunderts ansteigen. Das hat sogar die Klimaforscher selbst überrascht. Außerdem gäbe es mehr Gewitter, aber insgesamt weniger Regen. Flüsse, Böden und Äcker trocknen aus, die bayerischen Nadelwälder brennen so häufig wie zur Zeit in Griechenland. Das Abstrakte wird erfahrbar.

Außer Wissenschaftlern und Umweltpolitikern setzen sich nur die ernsthaft für Klimaschutz ein, die eigene Interessen wahren wollen. Zuerst waren es die Versicherungsgesellschaften, die mehr Unwetter fürchten. Dann Firmen, die vom Klimaschutz profitieren, wie Dämmstoffhersteller, Windradfabriken oder Bahngesellschaften. Die bayerischen Daten sollten nun auch Förster, Landwirte, Binnenschiffer und Betreiber von Wasserkraftwerken aufscheuchen.

Der Treibhauseffekt wird viel mehr Leute treffen, als es bisher ahnen. Vielleicht kommt dann endlich wieder Bewegung in die festgefahrene Klimaschutzdebatte. Matthias Urbach