: Warum nicht gleich die Maus?
■ Keine Begeisterung für den Doppel-Berti: Was wird aus dem deutschen Fußball nach der Ernennung von Teamchef Erich Ribbeck und Trainer Ulrich Stielike? Nichts?
Der Fußballprofi Olaf Thon hatte eben wieder gezeigt, wie man modernen Fußball spielt, als er in Berlin auch noch einen Satz sprach, dessen raffinierte Doppelbedeutung seinen Status als Rhetoriker untermauerte. „Die Nationalmannschaft“, sagte Thon lapidar, „ist für mich erledigt.“
Mit dieser Ansicht dürfte er nicht allein stehen: Die Ernennung des Duos Erich Ribbeck („Teamchef“) und Ulrich Stielike (Trainer) als Nachfolger von Berti Vogts hat nicht überall Begeisterung ausgelöst, und zwar bei Experten nicht und auch nicht bei Laien - sieht man einmal von kicker-Chef Rainer Holzschuh ab, der das Ganze für eine „Sensation“ hält, die „dauerhaft den deutschen Fußball wieder in glanzvolle Positionen hieven“ könne.
Jeder hat so seine Ansichten. Aber nicht nur Schalkes Manager Rudi Assauer stottert von einer „wirklich großen Überraschung“. Wer die öffentliche Zurückhaltung der Branche kennt, ahnt, daß man andere Worte auch nicht gewählt hätte, wäre die Maus (WDR) zum Bundestrainer ernannt worden.
Hätte das einen Unterschied gemacht? Sind Ribbeck und Stielike die Reformwerkstatt des erstarrten deutschen Fußballs sein? Sollen Innovationskraft haben und Krisenmanagement beherrschen in Zeiten, in denen sich der Fußball und Fußballmarkt rapide verändert? Gibt minus mal minus plus? Vielleicht muß man ausnahmsweise einmal den gerade noch verhinderten Paul Breitner zu Wort kommen lassen, der den Tatbestand in den Satz faßte: „Da fällt einem nichts mehr ein.“
Doch. Fragen. Erstens: Was sind Erich Ribbecks Qualifikationen? Ribbeck (61) hat in über 30 Jahren etwas gewonnen - einmal den Uefa-Pokal. Bevor man ihn in München 1993 zwang, zu gehen, wurde der Satz kolportiert, das Bayern-Präsidium habe ihn einstimmig zum „schlechtesten Trainer, der je bei uns war“ ernannt. Der damalige Bayern-Profi Jan Wouters sprach aus, was alle empfanden: „Trainer, Sie sind der einzige im Verein, der von Fußball nichts versteht.“ Als man ihn in Leverkusen 1996 wegschickte, um nicht in die Zweite Liga abzusteigen, war Ribbeck erledigt. Zumindest in der Bundesliga hatte er keine Chance mehr auf einen Job.
Zweitens: Was sind Stielikes Qualifikationen? Ulrich Stielike (44) hatte einen prächtigen Ruf als Trainer. Vor vielen Jahren war das, als er die am Boden liegende Schweizer Nationalteam fast zur EM geführt hätte. Danach verlor er bei jedem Job an Reputation, zuletzt schickte ihn Waldhof Mannheim und ein spanischer Zweitligist davon. Berti Vogts mußte dem alten Gladbacher beim DFB als Jugendbetreuer Unterschlupf gewähren.
Sieht man es positiv kann man sagen: Ribbeck, einst auch DFB- Assistent, ist ein Mann, den die Fernsehkameras lieben: Er parliert, wie er das auch gestern bei der Vorstellung in Frankfurt tat, Stielike trainiert.
Sieht man es weniger positiv darf man vermuten: Stielike kontrolliert mit eisernem Schnurrbart den Zapfenstreich, Ribbeck erklärt im Sport-Studio die Viererkette, die er schon einst bei Bayern München nicht auf die Reihe gekriegt hat. Sein subtile Stilsicherheit hat Stielike längst bewiesen, in dem er die rückkehrwilligen Dortmunder Profis Möller und Häßler (samt Reuter) als „Windeier“ bezeichnet hat und dazu Mehmet Scholl ohne Not abqualifiziert.
„Keine leichte Aufgabe“ wird das, das hat Ribbeck gestern schon mal gesagt. Nichtsdestotrotz „das I-Tüpfelchen auf meine Laufbahn“. Schön - für ihn. Wäre das ein Kriterium, könnte es für die Maus auch gelten. Peter Unfried
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