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Jäher Absturz vom akademischen Olymp

In der „Spiegel“-Hitliste der deutschen Hochschulen schneiden die Berliner Universitäten miserabel ab. In die Spitzengruppe konnten nur FU-Mathematiker und die HU-Biologen vordringen. Die Potsdamer Uni dagegen wird von ihren Studenten gelobt  ■   Von Ralph Bollmann

Dem Selbstbewußtsein waren keine Grenzen gesetzt. Die Historiker der Berliner Humboldt-Universität wähnten sich im Olymp der deutschen Geschichtswissenschaft. Zu Beginn des Jahrzehnts wurde der Fachbereich mit prominenten Professoren aus Westdeutschland neu besetzt, das Vorlesungsverzeichnis las sich wie ein „Who is who“ der Zunft. Der Studiengang sollte, so einer der Berufenen, „so anspruchsvoll sein wie an keiner anderen deutschen Universität“.

Jetzt sind die Hochmütigen tief gefallen. In der Hitliste der deutschen Hochschulen, mit denen der Spiegel zweimal pro Jahrzehnt die akademische Welt erschüttert, belegte das vermeintliche Elite-Institut nur einen miserablen sechstletzten Platz. Trösten können sich die Humboldt-Historiker nur damit, daß sie voll und ganz im Berliner Trend liegen: In den zwölf untersuchten Studiengängen fanden sich die hauptstädtischen Hochschulen fast nur als Schlußlichter prominent plaziert. In die Spitzengruppe konnten allein die FU-Mathematiker und die HU-Biologen vordringen.

Dafür richten sich die Blicke jetzt auf eine Hochschule, die die hochnäsigen Hauptstadtakademiker gerne links liegenließen: Die Universität Potsdam geht aus der Studentenbefragung als mit Abstand erfolgreichste Ausbildungsstätte der Region hervor. Gleich in fünf Fächern belegten die Brandenburger vordere Plätze: Ob Jura oder Anglistik, Germanistik, Biologie oder Psychologie – die Studenten sind hochzufrieden.

Und das, obwohl die Hochschule noch immer unter den Friktionen der Aufbauphase leidet: Räumlich ist sie in vier Standorte zerrissen, viele Stellen sind noch nicht besetzt. Doch solch „schwierige Rahmenbedingungen“ ließen sich kompensieren, gar „überkompensieren“, glaubt der Biologieprofessor Martin Steup, dessen Fach den bundesweiten Spitzenplatz belegt. Neben einem forschungsnahen Studium sieht Steup den „persönlichen Kontakt zwischen Studierenden und Professoren“ als Hauptgrund für den Erfolg.

„Ausgesprochen stolz“ zeigt sich auch Uni-Sprecherin Janny Glaesmer über das Lob der Studenten, der im allgemeinen Trend der Spiegel-Umfrage liegt: An kleinen Hochschulen, im Osten zumal, zeigten sich die Studenten zufriedener. Mit ihren 12.000 Studenten, so Glaesmer, könne die Hochschule mit idyllischem Hauptsitz direkt am Park von Sanssouci ein „vernünftiges Betreuungsverhältnis“ anbieten, „Warteschleifen für Seminare und Praktika“ seien unbekannt. Daß es die Koryphäen der jeweiligen Fächer nicht unbedingt nach Potsdam ziehe, müsse kein Nachteil sein: Schließlich seien junge Professoren in der Lehre häufig besonders engagiert.

Die Historikerprominenz an der HU bestätigt dieses Urteil. Selbst für Journalisten sind die dortigen Professoren während der Semesterferien nicht erreichbar, die Studierenden werden es nicht leichter haben. Der Professor sei „nicht im Lande“, erklären die Sekretärinnen, „zu Hause in Lüchow-Dannenberg“ oder „in ein Forschungsprojekt vertieft“ – auf jeden Fall aber „nicht zu sprechen“.

Heinrich Begehr, Institutsdirektor bei den FU-Mathematikern, ist hingegen sofort am Telefon. Sein Studiengang hat bundesweit den fünften Platz errungen – „weil wir so gut sind“, wie Begehr sagt. Einer der vielen Belege für die gute Betreuung: Auf Initiative der Studenten würden die Vorlesungstermine so abgestimmt, daß sie sich nicht überschneiden. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch an vielen Fakultäten lassen die Professoren, sensiblen Künstlern gleich, an ihrem jahrzehntelang eingeübten Terminplan nicht rütteln. Doch nicht immer, so scheint es, trifft das Spiegel-Ranking ins Schwarze. So landeten die Informatiker der Freien Universität auf einem blamablen letzten Platz. Institutsdirektor Helmut Alt traut sich kaum, Zweifel anzumelden, denn „das tut der Letzte wahrscheinlich immer“.

Doch auch Traugott Klose, Leiter der FU-Studienabteilung, zeigt sich von diesem Ergebnis „absolut überrascht“. Beim FU-internen „Studienbarometer“, das auf der Befragung von fünfmal mehr Studierenden je Fach als der Spiegel beruht, belege die Informatik einen Spitzenplatz. Die Schlußlichter der FU mag Klose dagegen nicht nennen. Nur so viel: Die Zufriedenheit der Studenten hänge nicht allein von der materiellen Ausstattung ab.

Dennoch hat auch die Potsdamer Uni-Sprecherin Verständnis für die Nöte der Berliner Kollegen. Ohne politische Schützenhilfe, so Glaesmer, hätten die Hochschulen wenig Spielraum. Schließlich bleiben selbst so vorbildliche Instrumente wie das FU-Studienbarometer ohne wirksame Sanktionen gegen säumige Professoren wirkungslos.

Ganz sorgenlos sind aber auch die Potsdamer nicht: Spricht sich der „Geheimtip“ Potsdam unter Berliner Studenten herum, könnte es mit der Idylle bald vorbei sein.

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