: Ein neuer Kongo für das Jahr 2000
Das Kongo-Friedensabkommen steht: Die gegeneinander kämpfenden ausländischen Armeen „sichern den Frieden“, während die Kongolesen ihren Staat neu gründen. Dann kommt die UNO ■ Von Dominic Johnson
Berlin (taz) – Es brauchte dreizehn Tage zäher Verhandlungen, bei denen vor allem Nebelkerzen an die Öffentlichkeit drangen. Immer wieder sah es so aus, als stünden die Kongo-Friedensgespräche in Sambias Hauptstadt Lusaka kurz vor dem Zusammenbruch. Nur selten gab es Zeichen von Optimismus, etwa als Sambias Präsident Frederick Chiluba verkündete, er springe vor Freude „fast“ in die Luft.
Am Mittwoch abend dann war plötzlich alles klar. Die Außen- und Verteidigungsminister der am Kongo-Krieg beteiligten Staaten – Angola, Simbabwe und Namibia auf Regierungsseite, Uganda und Ruanda auf Rebellenseite – unterzeichneten zusammen mit Vertretern der kongolesischen Kriegsgegner ein historisches Dokument, um Afrikas größten Krieg zu beenden. Mit seiner Billigung durch die betroffenen Staatsoberhäupter soll das Abkommen am Wochenende in Kraft treten.
Wozu der dreizehntägige Aufwand nötig war, ist aus dem Abschlußdokument nicht ersichtlich. Es ist in den Grundzügen identisch mit der Vorlage, die Sambias Regierung zu Beginn der Gespräche präsentiert und die taz vorab veröffentlicht hatte. Innerhalb von 24 Stunden nach der formellen Unterzeichnung durch die Staatsoberhäupter tritt ein Waffenstilstand in Kraft. Innerhalb einer Woche wird eine „Gemeinsame Miltiärkommission“ aus allen Kriegsparteien gebildet, deren Aufgabe darin besteht, „bis zur Stationierung von UN-Friedenstruppen friedenssichernde Operationen zu führen“.
Damit werden die bisher im Kongo kämpfenden Truppen übergangsweise zu Friedenstruppen erklärt – aber nicht für lange: Eine UN-Truppe mit friedenserzwingendem Auftrag soll innerhalb von 120 Tagen stationiert werden, also etwa bis Ende Oktober. Dann muß innerhalb weiterer 60 Tage – also etwa bis zum Jahresende – der „ordentliche Abzug aller ausländischen Kräfte“ erfolgen.
Dieser an sich logische Prozeß läßt viele Fragen offen. Der Waffenstillstand basiert auf einem Einfrieren der existierenden militärischen Positionen – was übrigens der Forderung der kongolesischen Rebellen entspricht und nicht der von Präsident Laurent Kabila. Aber es wird keine Waffenstillstandslinie festgelegt, wie es in solchen Prozessen zur Vermeidung späterer Streitereien über die territoriale Kontrolle üblich ist. Die Zusammensetzung der „Gemeinsamen Militärkommission“, die faktisch eine internationale Übergangsregierung für den Kongo darstellt, wird auch nicht präzisiert. Möglicherweise war zu diesen Fragen keine Einigkeit zu erzielen. Sie müssen nun später gelöst werden.
Neben dem militärischen Teil des Friedensprozesses gibt es auch einen politischen. Geplant ist ein „offener nationaler Dialog“ zwischen der Regierung von Präsident Laurent Kabila, der „bewaffneten Opposition“ – also die von Ruanda unterstützte Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) und die von Uganda unterstützte Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) – und der „unbewaffneten Opposition“ – also politische Parteien und zivilgesellschaftliche Kräfte.
Der „nationale Dialog“ soll innerhalb von 90 Tagen „zu einer neuen politischen Ordnung und einer nationalen Versöhnung führen“, heißt es. „Zum Abschluß der innerkongolesischen politischen Verhandlungen wird die staatliche Verwaltung im gesamten Staatsgebiet wiederhergestellt.“ Die Gespräche werden von einem neutralen Vermittler geleitet, den die Kongolesen innerhalb von 15 Tagen nach Inkrafttreten des Abkommens selber bestimmen sollen.
Damit wird eine leidige Frage, die die Gespräche in Lusaka mehrere Tage lang lähmte, an die Kongolesen zur Klärung zurückgegeben – nämlich ob die Rebellen die Kontrolle über ihr Gebiet an Kabila zurückgeben sollen, wie es Kabila wünschte, oder an eine neue Regierung, wie die Rebellen es wünschten. Der Text des Abkommens legt jedoch eher die von den Rebellen gewünschte Variante nahe. Die Verhandlungen sollen außerdem zur Bildung einer gemeinsamen kongolesischen Armee führen.
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