: „Der Bund muss handeln“
■ Der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Glogowski will kein Endlager in Schacht Konrad
taz: Der rot-grüne Koalitionsvertrag auf Bundesebene sieht ein einziges Endlager für alle Arten radioaktiver Abfälle vor. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für das Endlagerprojekt Schacht Konrad?
Gerhard Glogowski: Indem sich die Bundesregierung so festgelegt hat, ist die Grundlage für dieses Projekt entfallen. Schließlich ist völlig klar, dass in Schacht Konrad stark Wärme entwickelnde Abfälle nicht eingelagert werden können. Er kann also nicht das eine Endlager für alle Abfälle sein.
Was heißt das für das Konrad-Genehmigungsverfahren?
Ich halte das Endlager Schacht Konrad schon seit Mitte der Achtzigerjahre für nicht vernünftig. Von Niedersachsen kann dieses Endlager in Salzgitter nicht akzeptiert werden. Dennoch werden wir das Genehmigungsverfahren, in dem ja das Land in Gestalt des Umweltministeriums die Genehmigungsbehörde ist, nach Recht und Gesetz durchführen. Wenn allerdings die Berliner Koalition – was ich außerordentlich unterstütze – die Atommüllentsorgung in einem Endlager zusammenfassen will, gibt es für dieses Genehmigungsverfahren keine Legitimation mehr. Hier muss jetzt allerdings zunächst der Bund handeln, muss dem Koalitionsvertrag Taten folgen lassen.
Leitende Beamte im Bundesumweltministerium haben jetzt in einem Papier jede Möglichkeit in Abrede gestellt, eine Genehmigung von Schacht Konrad ohne Rückzahlungsforderungen in Milliardenhöhe zu verhindern.
Diese Rechtsauffassung kann ich nicht nachvollziehen. Da das Lager nicht beschickt werden soll, leuchtet sie mir auch nicht ein.
Vor genau zwei Jahren hat die damalige Bundesregierung in Gestalt von Umweltministerin Angela Merkel dem Land Niedersachsen per Weisung untersagt, den Bedarf für ein separates Endlager Konrad überhaupt zu prüfen.
Da es auf der Grundlage der Bonner Koalitionsvereinbarung keinen Bedarf für das Lager gibt, muss die Bundesregierung diese Weisung zurücknehmen. Dem Genehmigungsverfahren ist die Grundlage entzogen, und hier muss der Bundesumweltminister der Koalitionsvereinbarung entsprechend handeln.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin hält aber bisher alle Weisungen seiner Amtsvorgängerin zu Schacht Konrad aufrecht.
Er muss die Weisung, die den Bedarf nach einem solchen Endlager betrifft, zurückziehen, damit Niedersachsen in der Lage ist, den Genehmigungsantrag fundiert und nach Recht und Gesetz zu prüfen. Bei einem Endlager, das nicht benötigt wird, entfällt der Grund für eine Genehmigung. Im übrigen habe ich bereits seit einiger Zeit Probleme, das Handeln von Herrn Trittin nachzuvollziehen.
Interview: Jürgen Voges
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