: Bergedorf – Mekka der Toleranz
Im Zentrum von Bergedorf wird eine Moschee gebaut – nur leicht versteckt mit einer hohen Kuppel. Im Gegensatz zu anderen Stadtteilen sind alle Parteien in der Bezirksversammlung dafür
von Gernot Knödler
Die jahrelangen Diskussionen um den Bahnhofsvorplatz in Bergedorf haben dem Bezirk unversehens ein neues Gotteshaus beschert: Unweit der Bundesstraße 5 baut der Investor eines Einkaufszentrums für die türkische Gemeinde eine Moschee. Während ähnliche Projekte in Mitte und Harburg auf politischen Widerstand stießen und scheiterten, haben sich alle Parteien der Bergedorfer Bezirksversammlung für den Bau ausgesprochen. Den Neonazis, die nun dagegen protestieren wollen, will ein breites Bündnis mit einem Kulturprogramm entgegentreten (Text unten).
Der Bahnhofsvorplatz wird in den kommenden Jahren komplett umgebaut. Der Busbahnhof wird auf ein neues Parkhaus längs zu den Bahngleisen verlegt. Das Einkaufszentrum CCB am Platz wird modernisiert und stark erweitert. Auf der anderen Seite der B 5 darf der Betreiber des CCB, die Fundus-Gruppe, ein Fachmarktzentrum errichten. Weil Fundus dafür ein Grundstück der Türkischen Gemeinde Bergedorf brauchte, handelten beide einen Tausch aus: Fundus erhält das größere Grundstück der Gemeinde und baut ihr dafür auf einem eigenen, kleineren Grundstück den Rohbau einer Moschee.
Das von dem Architekturbüro Gerkan Marg und Partner geplante Gotteshaus soll eine Kuppel aber keine Minarette haben und wäre ungefähr so hoch wie das benachbarte Fachmarktzentrum. Am Schleusengraben errichtet, dürfte die Moschee von der Bundesstraße aus zu sehen sein. Sie läge zentral, nur gut 200 Meter vom Bahnhofsvorplatz entfernt, dem Zentrum Bergedorfs. Bisher verrichtet die Gemeinde ihre Gebete noch in einem unscheinbaren Bau in einem Hinterhof.
Bezirksamtsleiter Christoph Krupp bezeichnete „die neue Moschee an prominenter Stelle“ beim Bergedorfer Neujahrsempfang als „nicht nur eine Chance zum Dialog“. Sie fordere diesen vielmehr heraus. „Wir können nicht die Parallelgesellschaft beklagen und dann den Dialog nicht führen“, sagte der Bezirksamtsleiter. „Im Dialog können wir auch unsere Kritik am Islam vorbringen.“
Die CDU, die Krupp trotz seiner SPD-Mitgliedschaft mit ihrer Mehrheit im Amt bestätigt hat, sieht das ähnlich: Das Grundgesetz gewähre Religionsfreiheit, sagt der Vorsitzende ihrer Bezirksfraktion, Norbert Reichelt. Die öffentliche Meinung befürworte den Bau. „Die Leute der türkischen Gemeinde kennen wir eigentlich alle“, sagt Reichelt. „Das sind alles ordentliche Bergedorfer Bürger.“
Eine derart positive Haltung gegenüber repräsentativen Moscheen ist in Hamburg keineswegs selbstverständlich. Als vor drei Jahren in Harburg eine Moschee in der Cuxhavener Straße gebaut werden sollte, legte sich die Bezirks-CDU quer. Der CDU-Vorsitzende Ralf-Dieter Fischer berief sich auf den Verfassungsschutz. Dieser hatte den Initiatoren des Moschee-Baus aus dem Bündnis der Islamischen Gemeinden Norddeutschlands (BIG) eine Nähe zur fundamentalistischen Bewegung Milli Görus attestiert. Fischer unterstellte, die muslimische Gemeinde wolle missionieren, der Bau wurde gestoppt.
Zum BIG gehört auch die Zentrums-Moschee in St. Georg, deren Moschee-Entwurf mit 50 Meter hohen Minaretten 2002 vom Bezirk Mitte abgelehnt wurde. Hier war es auch die SPD, die den Symbolcharakter eines solchen Baus an dieser Stelle unpassend fand. Die türkische Gemeinde, die nun in Bergedorf bauen wird, kontrolliert der türkische Staat.