: Protest der Bahnkunden erfolgreich
■ Keine zehn Mark Nachlösegebühr, aber erhöhte Bordpreise. Dafür bleiben die Bahnpreise nächstes Jahr stabil
Freiburg (taz) – Wer seine Fahrkarte beim Schaffner im Zug kauft, sollte dafür nach Plänen der Bahn vom nächsten Jahr an nicht mehr fünf, sondern zehn Mark Nachlösegebühr bezahlen. Die Pläne lösten bei der Bevölkerung einen Sturm der Entrüstung aus. Nach Gesprächen zwischen der Bahn und Fahrgastverbänden sind die Pläne in dieser Form vom Tisch. Man werde hingegen im nächsten Jahr „sukzessive Bordpreise einführen“, teilte die Bahn mit. Es werde eine „Bevorzugung der Fahrgäste angestrebt, die ihren Fahrschein vor Reiseantritt lösen.“
Den massenhaften Protest der Bahnkunden leitete der Fahrgastverband Pro Bahn an die Bahn weiter. Doch der Grund des Protestes waren weniger die zehn Mark, er richtete sich vielmehr dagegen, dass die Bahn laut ihrem internen Papier den Schaffnern die Möglichkeit zur Kulanz nehmen wollte. Denn bislang können die Schaffner selbst entscheiden, ob sie die Nachlösegebühr erheben oder nicht. Wenn beispielsweise der Fahrkartenautomat am Bahnhof kaputt ist, verzichten die Schaffner bislang auf die Strafgebühr. Das sollte künftig nicht mehr gelten. Die Fahrkartendrucker der Schaffner sollten so programmiert werden, dass alle Tickets automatisch mit zehn Mark Zuschlag erstellt werden.
Wer einen triftigen Grund hat, dass er ohne Ticket einsteigt, könne sich die Nachlösegebühr am Fahrkartenschalter wiedererstatten lassen, hieß es bei der Bahn. „Unzumutbar“, sagt Pro Bahn- Sprecher Jansen. Zudem sei diese Praxis „juristisch fragwürdig“. Die Bahn könne nicht eine Gebühr erheben und zugleich sagen, man solle sich das Geld am Schalter wiederholen. Die Bahn argumentiert dagegen, sie wolle „den Zugbegleitern das Leben leichter machen“, wie Bahnsprecher Martin Katz formuliert. Denn indem man den Schaffnern die Entscheidungsfreiheit über den Nachlösezuschlag nimmt, sollen sich die oft endlosen Diskussionen mit Fahrgästen erübrigen.
Faktisch heißt die nun geplante Einführung der „sukzessiven Bordpreise“: Wer erst im Zug löst, zahlt mehr. Über die Höhe des Zuschlages und die Kulanz-Möglichkeiten des Bahnpersonals werde in den kommenden Wochen entschieden, teilte die Bahn mit. Zugleich soll es auch mehr Fahrkartenautomaten – eventuell auch in den Zügen – geben. Trotz der Strafgebühr sahen Pro Bahn und der Deutsche Bahnkundenverband das Gespräch als Erfolg. Denn der neue Vorstandsvorsitzende der DB Reise und Touristik, Christoph Franz, sicherte zu, künftig enger mit den Verbänden zusammenzuarbeiten – außerdem sollen die Bahnpreise erst mal stabil bleiben.
Bernward Janzing
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