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Nebel wäre noch viel schlimmer gewesen

betr.: „Die Obskurität des Seins“, taz vom 25. 11. 99

FOG – der Nebel des Grauens senkte sich über das Olympiastadion, als am Dienstag hochbezahlte Männerbeine über den nicht mehr erkennbaren Rasen liefen. Liefen? Wer kann beweisen, dass sie die 90 Minuten nicht damit verbracht haben, miteinander „Hasch mich!“ oder „Ich sehe was, was du nicht siehst!“ zu spielen?

Passend zum Wetter, schließlich sind Fußballer, wenn sie nicht gerade Interviews geben, im Grunde ihres Herzens kreative Menschen. Natürlich konnte immer nur die Hälfte ihrem Spieltrieb nachgehen, im Wechsel mit den Mannschaftskollegen, die sich – zur Tarnung des Ganzen – ab und an am Spielfeldrand zeigten, um den Schein eines seriösen Treffens in der Champions League zu wahren und die Linienrichter vom Einschlafen abzuhalten.

Der Schiedsrichter blies in regelmäßigen Abständen in seine Nebelhornpfeife, um der Welt zu signalisieren, dass er noch da ist. Naturgewalten haben ihm nun endlich die Position zugewiesen, die ihm so gerne streitig gemacht wird: des Mannes, der immer alles sieht.

Und die Ballmillionäre konnten hinterher endlich mal erzählen, ohne durch anspruchsvolle Fragen in die Enge und dazu getrieben zu werden, Worthülsen zu produzieren. Denn wer nichts sieht, kann auch keine klugen Fragen stellen. [Na, da scheinen die meisten Fußballspiele ja im Nebel stattzufinden! d.sin] Ja gut, konnten sie also sagen, wie sie das immer tun, ja, gut, die Manndeckung war schon teilweise schwierig, und, ja, gut, die Luft war schon dick. Aber Nebel wäre noch viel schlimmer gewesen. Brinja Goltz, Berlin

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