: Bahn lenkt Blick auf Straße
■ Statt der Pünktlichkeitstafeln in den Bahnhöfen gibt es künftig Stauberichte
Berlin (taz) – Verspätet? Und gar noch notorisch? Aber wir doch nicht, hatte Ex-Bahnchef Johannes Ludewig vor zwei Jahren erklärt und nach und nach an 20 großen Bahnhöfen sogenannte Pünktlichkeitstafeln installieren lassen. Dort sollten die Reisenden ablesen können, wie viele der Züge am Vortag bundesweit verspätet waren und wie die jeweilige Region im Bundesvergleich wegkommt. Ergebnis: Erst kürzlich hatte die Stiftung Warentest bei jedem fünften Zug Verspätungen von mehr als sechs Minuten festgestellt.
Vielleicht doch keine so gute Werbung, muss sich Helmut Mehdorn, der Ludewig zum 16. Dezember auf den Chefsessel folgen wird, gedacht haben. Schon in den nächsten Tagen sollen die Tafeln verschwinden. „Wir standen mit unserer Transparenz völlig alleine“, so Marlene Schwarz, Bahn-Sprecherin für Berlin und Brandenburg. „Die Kunden hatten doch gar keinen Vergleich mit anderen Verkehrsmitteln.“ Dabei seien die Verspätungen etwa im Flugverkehr „um einiges schlimmer“. Um sich wettbewerbstechnisch in ein besseres Licht zu rücken, will die Bahn nun auf den Fernseh-Großbildschirmen in den Bahnhofshallen über den Zustand des Verkehrs auf den Straßen präsentieren. In erster Linie also über Staus und Umleitungen. Wie das genau aussehen soll, ist noch nicht klar. Nur dass die Umstellung für die Reisenden irgendwie auch einen Nutzwert haben soll. Etwa, indem sie am Zielbahnhof besser entscheiden können, mit welchem Verkehrsmittel sie weiterfahren.
Ganz verschwinden sollen die Pünktlichkeitsstatistiken aber nicht. Sie finden sich künftig im Internet unter www.bahn.de . bw
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