: Heiliges Blechle
Die Münzen, die US-amerikanische Irakveteranen als Weggeld bekommen, zeigen ihre Truppenzugehörigkeit. Was erzählen uns die bunten Blechdinger noch?
VON ARNO FRANK
Seit mehr als drei Jahren schon steht die US-Armee zwischen Euphrat und Tigris – ein Aufenthalt, der bisher mehr als 3.000 ihrer Soldaten und schätzungsweise 30.000 Iraker das Leben gekostet hat, vom Heer der Verwundeten und Traumatisierten ganz zu schweigen.
Manche der US-Soldaten halten den Einsatz im Nahen Osten für ihre staatsbürgerliche Pflicht. Anderen ist er einfach nur ein krisenfester Job auf Zeit. Und eine wieder andere Gruppe, vor allem Einwanderer aus Lateinamerika, begreift den Krieg als Chance auf ein Leben in den USA. Das große Opfer, das ein solcher Kriegsdienst bedeuten kann, wird von der Armee entsprechend großzügig entlohnt – es werden Universitätsbesuche ermöglicht, Ausbildungen finanziert und lebenslange Renten gezahlt.
Und natürlich gibt es Orden, Orden, Orden. Vom „Purple Heart“ für die ganz großen Krieger bis zur anerkennenden Anstecknadel für zuverlässige Zulieferer verleiht die US-Armee monatlich ganze Containerladungen von symbolschwerem Tand und emotional aufgeladenem Tinneff. Bestellt werden sie meistens von den vorgesetzten Offizieren bei deutschen Zulieferern, die ihrerseits die gewünschten Stückzahlen bei koreanischen oder chinesischen Fabrikanten ordern. Am unteren Ende der Skala rangieren dabei Münzen, die in der Regel nach dem absolvierten Dienst „for excellence“ an Soldaten verliehen werden, die diese Gedenkmünzen ihrer jeweiligen Einheit mit ins zivile Leben nehmen sollen. Ursprünglich geht diese Geste auf die Dienst- und Erkennungsmarken zurück, die US-Soldaten im Zweiten Weltkrieg als Angehörige dieses oder jenes Truppenteils ausweisen sollten. Als diese Praxis durch die um den Hals hängende „Hundemarke“ ersetzt wurde, blieben die Münzen als Souvenirs weiterhin im Umlauf. Während aber das klassische Souvenir dazu dient, dem Aufenthalt in der exotischen Fremde im Nachhinein den Charakter des Realen zu geben, verbürgen diese „coins“ nichts weiter als die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Truppenteil und seiner Geschichte.
Man kann diese Münzen nicht ans Revers heften, man kann sie wegen ihres stattlichen, Wert und Weihe vortäuschenden Gewichts auf Dauer nicht in der Brieftasche tragen, und Rechnungen lassen sich damit auch nicht begleichen. Entsprechend aufschlussreich ist daher ein genauer Blick auf die Symbolsprache dieser rituellen Währung. Denn solche Münzen sind das sarkastische Spielgeld, mit dem die Armee den Einsatz ihrer Soldaten vergütet.
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