: Schäuble will die Scharte schnell auswetzen
Große Koalition prüft bereits Änderung der Strafprozessordnung, um PC-Untersuchungen zu erlauben – und auszuweiten
Berlin taz ■ Die Freude von Bürgerrechtlern und Datenschützern wird nicht lange dauern. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Politiker der großen Koalition wollen nun schnell die vom BGH vermisste Rechtsgrundlage für die heimliche Untersuchung von Computern nachliefern.
Schon seit Wochen prüft eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Innen- und Justizministerium die Konsequenzen aus dem erwarteten Richterspruch. Naheliegend ist eine Änderung der Strafprozessordnung. Eine Novellierung der Vorschriften zur Telefon- und E-Mail-Überwachung ist ohnehin geplant. Auch eine Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung (siehe Interview), könnte die große Koalition allein zusammenbekommen. Regierungsinterne Kritiker könnten dann aber leichter anspruchsvolle Anforderungen durchsetzen.
CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach ist klar für die heimliche PC-Überwachung. „Ein solches Mittel ist unerlässlich.“ Dieter Wiefelspütz, der innenpolitische Sprecher der SPD, sieht das ähnlich. Die Gesetzgebung müsse jetzt „zügig“ angegangen werden, sagte er. Dagegen riet der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar, das „Projekt Onlinedurchsuchungen nicht weiter zu verfolgen“. Innenminister Schäuble will die heimliche Untersuchung von Computern sogar noch deutlich ausweiten. Im Rahmen des „Programms zur Stärkung der Innereren Sicherheit“ wurden dem Bundeskriminalamt in diesem Herbst zwei Personalstellen, 225.000 Euro Sachkosten und 200.000 Euro „einmaliger Investitionsaufwand“ für neue Hardware zugesprochen. Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland forderte gestern, die Entwicklung polizeilicher Hacker-Werkzeuge sofort zu stoppen: „Erst schießen, dann fragen darf nur ein Sheriff im Wilden Westen.“
Auch in den Bundesländern wird es bald ähnliche Diskussionen geben. Soll die Polizei private Computer auch vorbeugend zur Gefahrenabwehr ausspähen, müssten die Polizeigesetze der sechzehn Bundesländer geändert werden. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat bereits Ende letzten Jahres als Vorreiter ein entsprechendes Gesetz für den Landesverfassungsschutz beschlossen. Gestern kündigten allerdings Anti-Atom-Initiativen aus dem Münsterland Verfassungsbeschwerde dagegen an, weil der Kernbereich der Privatsphäre nicht mehr sicher sei.
Christian Rath