Das Paradies von Hamburg

JUGENDHERBERGE STINTFANG Eine gute Alternative zum einst geplanten Luxushotel mit Hafenblick

Diese Jugendherberge ist ein echtes Paradies: Zentral und erhöht gelegen und mit dem phantastischsten Hamburg-Blick aufwartend, den sich der nordlandreisende Rheinländer vorstellen kann. Schon viele Jahre, bevor ich hier siedelte, nächtigte ich dort, denn das war nicht nur billig, sondern es verstand sich von selbst, dass sich der Charme dieser Stadt nur von oben recht erschließen ließe.

Und dieses Oben bietet Hamburgs Jugendherberge „Auf dem Stintfang“ vom Feinsten. Noch dazu ein nordisches Oben, Geest genannt, das aus eiszeitlichen Sandablagerungen entstand und eine typisch norddeutsche Kulturlandschaft ist.

Auf dieser Anhöhe stand 1802 die erste Hamburger Sternwarte. Unter napoleonischer Besatzung wurde sie zerstört und später woanders neu gebaut. Auf den Stintfang setzte man dafür 1881 das Dienstgebäude der Deutschen Seewarte, der Vorläuferin des Deutschen Hydrographischen Instituts. Im Zweiten Weltkrieg wurde es seinerseits zerstört und nach 1945 nicht wieder auf den Stintfang gestellt; der Stint ist übrigens ein Süßwasserfisch.

In den 1950ern, den Wiederaufbaujahren, sannen Hamburgs Granden dann auf Wirtschaftswachstum: Ein lukratives Hotel sollte auf die Anhöhe. Eins, das der schräg oberhalb gelegenen Traditions- und Nobelherberge „Hotel Hafen Hamburg“ gleichkäme und viele reiche Touristen anzöge.

Aber plötzlich war da diese mutige Frau, die erste „Ministerin“ einer deutschen Landesregierung. Paula Karpinski hieß sie, war seit 1911 Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend und seit 1914 der SPD. Unter den Nazis war sie widerständig, weshalb sie 1933 und nochmals 1944 verhaftet und für einige Zeit ins KZ Fuhlsbüttel gebracht wurde.

Sie überstand es, und danach muss ihr der Nachkriegs-Schlagabtausch mit Hamburgs Senatorenkollegen harmlos erschienen sein. Am Ende setzte sich Karpinski jedenfalls mit ihrer Idee einer Jugendherberge am Stintfang durch. Ihr Hauptargument: Die Jugendlichen aller Länder, die hierher kämen, würden dereinst als reiche Touristen wiederkehren – und also sei die Herberge eine gute Investition. Das ging durch.

1953 eröffnete die Jugendherberge, und 2013 fand sich der Senat dann auch bereit, das Rondeel vor der Jugendherberge Paula-Karpinski-Platz zu nennen. Der Ort ist gut gewählt: Vom Rondeel aus sieht man – und deshalb symbolisiert es Karpinskis Idee der Weltoffenheit – den Hafen und große Teile Hamburgs von oben und außen. Und von innen – die Herbergseinrichtung ist hanseatisch funktional – abermals den Hafen samt sacht vorbeigleitenden Kreuzfahrtmonstern.  PS