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Presse gefährdet – andere Beispiele

BERLIN taz ■ Cicero ist kein Einzelfall. Auf der Suche nach Behördenlecks ermitteln die Staatsanwälte immer wieder gegen Journalisten – und hebeln damit das Redaktionsgeheimnis und den Informantenschutz aus. Beispiele:

Bei zwei Journalisten der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung wurden im Jahr 2003 und 2004 die Verbindungsdaten von Telefonen, Handys und Privatanschlüssen ausgespäht. Die Begründung der Staatsanwaltschaft: „Anstiftung zum Verrat von Dienstgeheimnissen“. Die Zeitung hatte über die Hintergründe zweier Kriminalfälle berichtet, die von der Polizei verschwiegen wurden. Die Staatsanwaltschaft wollte durch die Überwachung offenbar herausfinden, welche Beamten den Journalisten ihre Informationen zugesteckt hatten. Das Verfahren wurde im Herbst 2005 eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft Chemnitz ließ die Telefondaten eines Reporters der Dresdner Morgenpost ausspähen. Dieser war im Mai 2005 bei einer Wohnungsdurchsuchung beim früheren sächsischen Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) vor Ort – und schoss ein Foto von ihm im Pyjama. Wegen „Verletzung von Dienstgeheimnissen“ wurde nun gegen einen Beamten ermittelt, der dem Reporter den Termin gesteckt haben soll. Nachgewiesen werden konnte dies nicht.

Journalisten der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Nachrichten enthüllten im November 2005 die „Hotelaffäre“ um den SWR-Intendanten Peter Voß: Dieser soll eine Feier zu seinem 60. Geburtstag in einem Hotel in Baden-Baden indirekt durch Rundfunkgebühren finanziert haben. Gegen Voß wurde wegen Verdachts auf Untreue ermittelt. Nach den Enthüllungen wurde aber auch gegen die Journalisten ein Verfahren eröffnet, da sie sich auf behördeninterne Ermittlungen gestützt hatten. Der Vorwurf auch hier: „Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses“. Das baden-württembergische Justizministerium rühmte sich damit, zumindest auf „harte Zwangsmaßnahmen“ wie die Durchsuchung von Büros und Privatwohnungen verzichtet zu haben. Das Verfahren gegen Voß wurde im Juli 2006 eingestellt, gegen die Journalisten wurde bis Oktober 2006 ermittelt.

Im Fall des 2003 von der CIA verschleppten Khaled El Masri läuft derzeit ein Verfahren gegen drei Stern-Redakteure wegen „Beihilfe zum Geheimnisverrat“. Sie sollen als geheim eingestufte Informationen aus dem BND-Untersuchungsausschuss veröffentlicht haben. In gleicher Sache wird auch gegen einen Journalisten der Financial Times Deutschland ermittelt. Er hatte vertrauliche Vermerke des Bundeskriminalamts zitiert. WOS

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