piwik no script img

berliner szenen Schnecke und Hund

Bier im Schrebergarten

Im letzten Sommer hatte ich in meinem Schrebergarten in der Kolonie Luisengärten eine Schneckenplage. Sie waren überall. Braune Nacktschnecken. Zogen ihre schleimigen Spuren über meine Gartenwege, fraßen den Salat, saßen auf dem Gemüse. Das war noch nie, sagte meine Nachbarin über den Zaun hinweg, so viele Schnecken hatten wir noch nie. Sie empfahl Salz. Bestreute damit die braunen Leiber und sah zu, wie sie verätzten. Das war mir zu ekelig, für solche Anschläge habe ich ein zu zartes Gemüt. Die ersten paar Wochen beschränkte ich mich darauf, die Schnecken mit einer Zange einzusammeln, in Tüten zu packen und in einem Wald auszusetzen, dann aber machte mir dieser Tierschutz zu viel Arbeit.

Ich erinnerte mich daran, wie meine Großmutter gegen Schneckenplagen vorgegangen war. Sie hatte halbvolle Bierflaschen zwischen den Salatköpfen vergraben, in die die Schnecken, die offenbar passionierte Biertrinker waren, hineinkrochen. Zwischen meine Salatköpfe pflanzte ich also Beck’s und frisches Veltins. Dann harrte ich gespannt der Dinge, die da kommen würden.

Ich hatte die Rechnung ohne meinen Hund gemacht. Er roch das Bier, lief schnüffelnd zwischen den Salatköpfen herum und fand auch prompt eine Flasche Beck’s. Er grub sie mit den Vorderpfoten aus, nahm den Hals in die Schnauze und kippte sich das Bier die Kehle hinunter. Auf ex. Er sah dabei aus, als hätte er das schon hundertmal gemacht. Ich stand staunend daneben. Bevor er sich an die nächste Flasche machen konnte, nahm ich ihn an die Leine. Neulich habe ich ein Buch gesehen: „Schneckenflüstern – Kooperation statt Schneckenkorn“. Das werde ich mir für diese Saison kaufen, damit mein Hund nicht zum Alkoholiker wird. SANDRA NIERMEYER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen