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Archiv-Artikel

Mehr Macht für Piëch

Bei VW steht auch Markenchef Wolfgang Bernhard offenbar vor dem Rücktritt. Porsche stockt Anteile auf

HANNOVER taz ■ VW-Markenchef Wolfgang Bernhard steht offenbar kurz vor dem Rücktritt. Der Manager, der erst im Frühjahr 2005 bei Europas größtem Autobauer angetreten war, könnte durch den ehemaligen Opel-Chef Carl-Peter Forster ersetzt werden. Er sei der Wunschkandidat des designierten neuen Konzernlenkers Martin Winterkorn, meldete gestern das Manager Magazin. Bereits gestern Abend bei der Sitzung des Aufsichtsratspräsidiums könnte der 46-Jährige seinen Rücktritt angeboten haben, nach der heutigen Sitzung des VW-Aufsichtsrats könnte der Wechsel öffentlich werden, spekulierten gestern verschiedene Medien.

VW-Vorstandschef Bernd Pischetsrieder hatte den 46-jährigen Topmanager Bernhard einst als seinen Kronprinz gehandelt. Bereits nach Pischetsrieders überraschend angekündigtem Rücktritt in der vergangenen Woche sahen viele Auguren keine Zukunft mehr für Bernhard bei VW.

Hinter den Personalrochaden bei Volkswagen steckt ein heftiger Machtkampf zwischen dem Hauptaktionär Porsche, dem Land Niedersachsen und dem mächtigen Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch. „Es bestehen derzeit definitiv keine Absichten, den Anteil von Porsche an VW auf 30 Prozent oder darüber aufzustocken“, betonte gestern ein Porsche-Sprecher. Derzeit. Am Vortag hatte der Autobauer mitgeteilt, er habe seine VW-Beteiligung um sechs auf 27,4 Prozent erhöht und würde 29,9 Prozent anpeilen. Würde Porsche 30 Prozent an Volkswagen besitzen, müsste der Sportwagenbauer allen VW-Aktionären ein Übernahmeangebot machen.

Erst im vergangenen Jahr war Porsche bei VW eingestiegen. Volkswagen ist einer der größten Zulieferer, ab 2009 baut das VW-Werk in Hannover auch Karosserien für den Porsche-Viersitzer Panamera. Vor allem das Land Niedersachsen muss derzeit um seinen Einfluss bei Volkswagen fürchten. Angeblich bemüht sich Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) darum, US-Investoren zu einem stärkeren Engagement bei VW zu bewegen. Allein die fünf VW-Werke in Niedersachsen haben etwa 90.000 Beschäftigte. Um die müsste er bangen, wenn über die Geschicke von VW nicht mehr in Wolfsburg, sondern in Zuffenhausen entschieden wird.

Sieger im Auto-Monopoly ist Ferdinand Piëch. Lange schien der Einfluss des 69-Jährigen begrenzt, weil in seine Zeit als als VW-Vorstand Schmiergeld- und Lustreisen-Skandal sowie falsche Produktentscheidungen fielen. Zurzeit erobert sich der Patriarch die Macht bei VW zurück. In der vergangenen Woche hatte Piëch gemeinsam mit IG Metall und Betriebsrat gegen Wulffs Votum im Aufsichtsrat den Rücktritt von Pischetsrieder durchgeboxt, um seinen langjährigen Mitarbeiter und Duzfreund Winterkorn zu inthronisieren. Die Erhöhung des Porsche-Anteils stärkt den Einfluss des Porsche-Enkels Piëch bei Volkswagen weiter. Porsche wird von den Familien Porsche und Piëch kontrolliert.

KAI SCHÖNEBERG