: Linkspartei schöpft Mut in Sachsen-Anhalt
LINKE In Wernigerode trifft sich die Links-Fraktion zur Klausur. Chef Wolf fordert mehr Selbstbewusstsein
LINKEN-FRAKTIONSCHEF UDO WOLF MACHT SEINER PARTEI MUT
Mit einer Debatte zum Thema soziale Stadt hat die Linkspartei ihre Fraktionsklausur im sachsen-anhaltischen Wernigerode eröffnet. Drei Tage lang diskutieren die Mitglieder unter anderem über ihre Ziele in der Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik mit Blick auf die kommende Legislaturperiode. Ein gutes halbes Jahr vor der Abgeordnetenhauswahl am 18. September zeichnet sich in Umfragen keine klare Tendenz zu einer Regierungskoalition ab – die Linkspartei muss also zunächst um eine erneute Regierungsbeteiligung kämpfen.
Sachsen-Anhalt wird dabei durchaus eine Vorbildfunktion eingeräumt – zumindest wenn es um die Zahlen geht. In zwei Wochen wird hier der Landtag neu gewählt. Die Umfragen sehen die Partei derzeit als zweitstärkste Kraft bei rund 27 Prozent, in Berlin reicht es mit 13 Prozent nur für Platz vier.
Auf der Klausur mahnte der Fraktionsvorsitzende Udo Wolf die Partei daher, sich ihrer Stärken bewusst zu werden: „In vielen Punkten, die wir angestoßen haben, sind wir bundesweit Vorreiter.“ Dazu gehöre beispielsweise die Schulreform oder der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor. Berlin habe heute die „fortschrittlichste Schulstruktur in der Geschichte der Stadt.“ Eine zweite Stufe der Reform lehnte er ab. Stattdessen solle man den jetzigen Schritt „gut ausgestalten“.
Ein Schwerpunkt soll auch auf dem Thema Rekommunalisierung liegen. Hierbei hatte die Linkspartei in den vergangenen Wochen keine gute Figur gemacht: Bei einem Volksentscheid über die Offenlegung der Verträge über die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe, mit dem die Initiatoren letztlich die Rekommunalisierung anstreben, geriet die Partei in die Zwickmühle: Einerseits setzt sie sich für öffentliche Betriebe im Bereich der Daseinsvorsorge ein, offiziell unterstützen wollte die Partei die Initiative aber dennoch nicht. Die Begründung: Eine Klausel in dem vorgeschlagenen Gesetzentwurf sei verfassungswidrig.
Das führte zu der absurden Situation, dass beispielsweise Wirtschaftssenator Harald Wolf erklärte, er werde gar nicht abstimmen gehen – obwohl er derzeit mit dem privaten Anteilseigner RWE über einen Rückkauf der Anteile verhandelt.
Zum Thema direkte Demokratie fand der Fraktionsvorsitzende Udo Wolf daher selbstkritische Worte: „Wir müssen besser erklären und in Kauf nehmen, dass wir hier und da eine Niederlage einstecken.“ Man müsse lernen, besser zu argumentieren und zu mobilisieren.
Wirtschaftssenator Wolf hatte jüngst einen Gesetzesvorschlag angekündigt, der einen verpflichtenden Volksentscheid vorsieht, wenn in Zukunft Unternehmen der Daseinsvorsorge privatisiert werden sollen.
SVENJA BERGT