: „Das ist ein christliches Projekt“
Die Kölner CDU-Abgeordnete Ursula Heinen will ihre Bundestagsfraktion vom harten Drogenkurs abbringen. Staatliche Heroinvergabe hält sie für lebensrettend
taz: Frau Heinen, mit der Heroinabgabe fördert der Staat Heroinsucht. Wie finden Sie diese Aussage?
Ursula Heinen: Falsch. Die Erfahrungen aus den Modellprojekten zeigt, dass Heroinabgabe zum Ausstieg führen kann. Und vor allem zeigt sie: Die staatliche Abgabe von Heroin kann lebensrettend sein.
Ihre CDU-Fraktionskollegen im Bundestag sind vom Gegenteil überzeugt.
Deshalb müssen wir noch einmal gründlich über das Thema reden. Das Wort Heroinabgabe verschreckt viele CDU-Abgeordnete und ist ja auch tatsächlich nicht richtig. Es wird synthetisch hergestelltes Heroin als Medikament abgegeben. Die Schlagworte „Staat als Dealer“ und „Legalisierung von Heroin“ haben mit der Realität nichts zu tun.
Diese Schlagworte sorgen aber dafür, dass die CDU sogar die laufenden Heroinprojekte blockiert.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Gegner der Modellprojekte deren Erfolge wirklich kennen. Sie sind nämlich sehr gut und haben mich von der staatlichen Vergabe überzeugt. Bei mir in Köln haben drei von 50 Heroinsubstituierten inzwischen eine feste Arbeitsstelle, keiner ist mehr obdachlos, und mehrere wollen jetzt vollständig entziehen. So weit ist in der Methadonvergleichsgruppe niemand gekommen.
Vor allem die Gesundheitspolitiker Ihrer Fraktion glauben, dass staatliche Drogenvergabe eine gesellschaftspolitische Signalwirkung hat …
… und dass sie den Drogeneinstieg fördert, ich weiß. Das stimmt aber nicht. Die Heroinvergabe richtet sich ja nur an Schwerstabhängige, und das wird streng kontrolliert. Zurzeit sind das gerade mal 1.500 Personen. Außerdem findet die Vergabe unter ärztlicher Aufsicht statt. Jemand, der noch nie mit Heroin in Berührung gekommen ist, kommt das so bestimmt nicht.
Wären weiche Drogen legal, würden deren Konsumenten vom Heroin ferngehalten. Was halten Sie vom diesem Argument?
Nichts. Der Einstieg in alle Drogen, auch Zigaretten und Alkohol, muss vom Staat so schwer wie möglich gemacht werden. Die Legalisierung von Cannabis halte ich deshalb für grundfalsch. Und kontrollierte Heroinabgabe hat für mich auch überhaupt nichts mit Legalisierung zu tun. Sie rettet Menschen das Leben, die schwer krank sind.
Wie überzeugen Sie Ihre Fraktion von diesen Argumenten?
Es gibt ja noch andere CDU-Politiker, die für die Diamorphinvergabe sind. Eigentlich alle, in deren Städten das Modellprojekt läuft. Wir machen zusammen Überzeugungsarbeit.
Auch in den Landtagsfraktionen?
Die Länder sind ja schon mehr oder weniger überzeugt. Doch selbst wenn es eine Bundesratsinitiative gibt, geht das Gesetz wieder in den Bundestag. Ich muss also vor allem meine Fraktion überzeugen.
Wie steht es um die Erfolgsaussichten?
Das weiß ich nicht genau. Aber eigentlich ist das ein zutiefst christliches Projekt, denn es kann Leben retten. INTERVIEW: MIRIAM BUNJES