McDonald’s in Peking jetzt vegetarisch

FASTFOOD China ekelt sich wegen eines Gammelfleischskandals. Filialen in Peking und Schanghai verkaufen kein Fleisch mehr. Es gibt nur noch Pommes, Apfeltaschen und Fisch

„Alle großen Fälle sind von Insidern enthüllt worden“

VERBRAUCHERSCHÜTZER LIN RONGQUAN

PEKING taz | Kann man sich eine McDonald’s-Filiale ohne Hamburger, Big Mac oder Doppeldecker vorstellen? In Peking ist das derzeit der Fall. Nicht einmal Chickenburger oder McNuggets sind mehr erhältlich. „Wir bedauern, dass wir derzeit nur ein eingeschränktes Menu in unseren Restaurants anbieten können“, steht auf Schildern geschrieben, die in der McDonald’s-Filiale an der Kasse hängen.

Normalerweise ist die McDonald’s-Filiale in Pekings beliebtem Ausgehviertel Sanlitun schon am frühen Morgen überlaufen. Vor allem Schüler und Studenten treffen sich hier gerne zum Frühstück, bevor sie zum Lernen in die Bibliotheken gehen oder nun zur schul- und vorlesungsfreien Zeit ihrem Ferienjob nachgehen. Doch an diesem Morgen ist der Laden fast komplett leer. Der Grund: McDonald’s hat sein gesamtes Fleischangebot aus dem Programm genommen.

Seitdem vergangene Woche bekannt geworden ist, dass der Schanghaier Fleischlieferant Husi Food bereits abgelaufenes Gammelfleisch verpackt und ausliefert und Produktionsdaten fälscht, zieht der Lebensmittelskandal immer weitere Kreise. Husi Food beliefert McDonald’s-Filialen in 75 Ländern mit Fleisch, in China unter anderem auch Kentucky Fried Chicken (KFC), Pizza Hut, Starbucks und eine Reihe von chinesischen Restaurantketten. Auch KFC musste sein Angebot reduzieren. Husi Food ist ein Tochterunternehmen des US-Konzerns OSI, eine Unternehmergruppe mit Sitz in Chicago. Sie hat angekündigt, die Gammelfleisch-Tochter vorerst zu schließen, um so einen weiteren Kunden-Exodus zu verhindern.

Die Abnehmer hatten nach Ausstrahlung eines Fernsehbeitrags über das Gammelfleisch umgehend reagiert und sämtliche Bestellungen von Husi Food storniert. Auch die Behörden schlugen zu: Die Polizei beschlagnahmte den gesamten Fleischbestand des Fleischzulieferers, mehr als 1.000 Tonnen, und weitere 100 Tonnen, die bereits an die Kunden ausgeliefert waren. Fast 600 Restaurants, Händler und Betriebe haben die Behörden bis Ende der Woche untersucht. Auch der japanische Zweig von McDonald’s stoppte sämtliche Hähnchenfleischlieferungen aus China. In Japan werden Chicken McNuggets ebenfalls nicht mehr angeboten. Dort brach der Umsatz von McDonald’s um 20 Prozent ein, die Fastfood-Kette erwägt nun, Fleisch aus Brasilien zu beziehen.

Doch diese Maßnahmen reicht den Verbrauchern in Ostasien nicht. Vor allem die sozialen Netzwerke im chinesischen Internet sind voll von Kommentaren, in denen nicht nur der Fleischproduzent selbst, sondern auch die Fastfood-Ketten an den Pranger gestellt werden. Den US-Ketten wird vorgeworfen, sie würden aus Kostengründen bewusst die Lebensmittelkontrollen vernachlässigen. Auf zahlreichen Foren und auch vor einigen Filialen wird bereits zum Boykott aufgerufen.

KFC hatte bereits Erfahrung mit der Wut der chinesischen Verbraucher gemacht. Die Hühnerkette war erst vor anderthalb Jahren in China unter heftigen Beschuss geraten, weil im angebotenen Hühnerfleisch unerlaubt hohe Werte an Antibiotika gefunden wurden. Der US-Mutterkonzern, der mit KFC in China die Hälfte seines Umsatzes macht, musste sich öffentlich dafür entschuldigen. Er trennte sich von 1.000 seiner Zulieferfirmen und gelobte Besserung bei der Bewachung seiner Partnerbetriebe. Der Umsatz brach in dem darauffolgenden Monat dennoch um mehr als 30 Prozent ein. Bis heute hat sich KFC von diesem Skandal nicht erholt.

Nach einer Reihe von schweren Lebensmittelskandalen in den vergangenen Jahren weiß Chinas Premierminister Li Keqiang, wie sensibel das Thema ist. Er hat die Lebensmittelsicherheit zur Chefsache erklärt und die Zahl der Kontrolleure erhöht. Die staatlichen Kontrollen seien „zu nachlässig“, kritisiert jedoch Lin Rongquan, Verbraucherschützer von der Lebensmittelvereinigung Schanghai. „Alle großen vergangenen Fälle sind von Insidern enthüllt worden und nicht bei Kontrollen aufgefallen“, sagt Rongquan. FELIX LEE