Klimaschutz im Schneckentempo

Die UN-Konferenz in Nairobi brachte nur wenig handfeste Ergebnisse. Kenias Umweltminister Kivutha Kibwana feiert den pünktlichen Abschluss bereits als Erfolg

NAIROBI taz ■ Der Gipfel zum Klimawandel 2006 ist Geschichte – die Zeit seiner Interpretation hat begonnen. BUND-Geschäftsführer Gerhard Timm erklärte verärgert: „Die Bedrohung durch den Klimawandel wird immer dramatischer und die Klima-Diplomatie bewegt sich im Schneckentempo.“ Antonio Hill, Politikchef von Oxfam, sagte: „Der Gipfel brachte den ärmsten Ländern der Welt nur vage Versprechen.“ Greenpeace-Beobachterin Gabriela von Goerne urteilte dagegen: „Dieser Gipfel hat erreicht, was möglich war.“

So sei es beispielsweise gelungen, das Thema unterirdische Speicherung von Kohlendioxid bis ins Jahr 2008 zu vertagen. Germanwatch-Vorstand Klaus Milke erklärte: „Die Staatengemeinschaft sandte das klare Signal aus, dass es nach 2012 weitere Reduktionsziele geben soll.“ Und Matthias Duwe, Direktor des Climate action network europe sagte: „Die Ergebnisse von Nairobi sind ein Schritt nach vorn – wenn auch nur ein kleiner.“

Um Punkt 21.30 Uhr Ortszeit wurde über den letzten Punkt des Gipfels von Nairobi abgestimmt. „Das zeigt, wie gut die Atmosphäre dieser Konferenz war“, sagte Kivutha Kibwana, Umweltminister von Kenia und Konferenzpräsident. Nie sei eine Klimakonferenz so pünktlich zu Ende gegangen: „Die Abschlussdebatten zogen sich sonst bis in die Morgenstunden.“

Als wichtigste Beschlüsse nannte Kibwana erstens den Anpassungsfonds, der ärmeren Länder helfen soll, die Folgen des Klimawandels zu mildern. „Zweitens wird ab 2007 der Erfolg des Kiotoprotokolls überprüft“, erläutert Kibwana. Der Chef des Sekretariats der Klima-Rahmenkonvention Yvo de Boer sagte, dieser Kontrollprozess solle 2008 abgeschlossen sein. „Dann wissen wir, wie effektiv das Kiotosystem ist, und können entsprechende Schlüsse ziehen.“ Bis 2009 soll eine Arbeitsgruppe dann auf dieser Grundlage Vorschläge für Klimareduktionsziele in den Industrieländern in der zweiten Phase des Kiotoabkommens ab 2013 vorlegen.

Russlands Vorschlag, Ländern die Möglichkeit zu geben, freiwillige – also völkerrechtlich nicht bindende – Reduktionsziele ins Kiotoprotokoll aufzunehmen, wurde an eine Arbeitsgruppe verwiesen. Vorteil einer solchen Verpflichtung wäre, dass diese Länder etwa am Emissionshandel teilnehmen könnten.

Auch die Bewertung des Gipfels innerhalb der EU-Troika fiel unterschiedlich aus. „Wir haben jetzt einen soliden Arbeitsplan für die Periode nach 2012“, sagte EU-Umweltkommissar Stavros Dimas. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel war dagegen wenig begeistert. Gabriel, den die Effizienz des Gipfels nicht überzeugte, forderte die Staats- und Regierungschefs auf, die Klima-Diplomatie im kommenden Jahr zur Chefsache zu machen.

John Hay, Sprecher des UN-Klimasekretariats, sagte der taz: „Allein die Tatsache, das 660 Journalisten berichtet haben, kann als Erfolg gelten. Wir hatten mit 200 gerechnet.“ Die Folge des großen medialen Echos: Nach dieser Konferenz stehe fest, dass niemand mehr auf dieser Welt den Klimawandel leugnen könne. NICK REIMER