Bei meinen Spaziergängen im Wald

suche ich immer nach etwas, was vielleicht ein Liebespaar verloren hat. Aber eigentlich suche ich einen Brillanten, wunderbar glänzend und leuchtend. Ich möchte einen finden, nicht etwa, weil ich einen möchte, sondern um ihn meiner Tochter zu schenken. So wie meine Mutter mir vor vielen Jahren einen geschenkt hat, einen ganz kleinen, unscheinbaren. Sie hat ihn auf dem Fundamt der Bahn ersteigert, sie wollte, dass ich etwas Wertvolles besitze. Vielleicht als Trost für den frühen Verlust unserer Heimat, des ehemaligen Ostpreußen, und das Nichtwillkommensein im „Reich“. 1945 kamen wir als Flüchtlinge nach Bayern und waren alles andere als wohlhabend.

Nein, ich brauche keinen Brillanten. Und ich werde sicher auch keinen finden. Aber dieser Wunsch ist ganz real und täglich da. Bei jedem meiner Spaziergänge durch den Wald.

MARIANNE WÜNDRICH-BROSIEN, 73, MITBEGRÜNDERIN DES FRIEDENSFILMPREISES DER BERLINALE