: „Die Stadt profitiert von den Gewinnen“
Per Sammelklage will Enrique Bergemann die Stadtwerke in Essen dazu zwingen, ihre hohen Gaspreise zu senken
taz: Weshalb strengen Sie eine Sammelklage gegen die Stadtwerke Essen an?
Enrique Bergemann: Ich habe mich wirklich sehr über die hiesigen Gaspreise geärgert. Doch in Essen wollte sich niemand des Themas annehmen – weder Parteien, noch andere Verbraucherorganisationen.
Und jetzt sehen Sie sich durch das vom Bundeskartellamt vorgelegte Preis-Ranking bestätigt?
Das Ranking war einer der Gründe für die Klage. Dieser Vergleich zeigte doch, wie unangemessen die Gaspreise hier in Essen sind: In den vergangenen zwei Jahren hat die Stadtwerke AG die Preise um 49 Prozent erhöht. Im Vergleich mit anderen Versorgern sind das schon außergewöhnliche Preissteigerungen.
Haben die Essener Stadtwerke nicht eine Gaspreissenkung angekündigt?
Das ist nur eine kosmetische Korrektur von wenigen Prozentpunkten, eine Marketingmaßnahme. Gemessen an den Steigerungen der vergangenen Jahre ist das geradezu lächerlich. Für mich sind das verdeckte Quersubventionen, mit denen defizitäre Bereiche im städtischen Haushalt ausgeglichen werden. Essen ist ja zu 51 Prozent an den Stadtwerken beteiligt, die Stadt profitiert von den Gewinnen.
Jetzt planen die Stadtwerke ihre Verwaltung auszubauen.
In Anbetracht von etwa 15 Millionen Euro Baukosten, wenn man die neu zu schaffenden Parkplätze mit einrechnet, führen sie ihre „Daseinsvorsorgepflichten“ nun völlig ad absurdum. Die Stadtwerke wären gut beraten, wenn sie sich endlich an ihre Verpflichtung erinnern würden, die Bürger günstig zu versorgen. Und sie sollten das Geld zurückzahlen.
Warum haben Sie geklagt? Sie hätten auch einfach Ihre Zahlungen kürzen können.
Wer nur Zahlungen verweigert, ändert nichts an den Tatsachen. Ausstehende Forderungen werden von den Versorgern aus der Portokasse bezahlt. Das Prozessrisiko ist aber viel größer: Inoffiziell geht es für die Stadtwerke Essen um 72 Millionen Euro.
Welche Erfolgsaussichten geben Sie Ihrer Klage?
Gute. Ich hätte die Initiative sonst nicht gestartet. Die Stimmungslage bei den Gerichten hat sich in letzter Zeit verändert. Zudem droht jetzt auch die EU-Kommission damit, den deutschen Versorgern die Netzhoheit weg zu nehmen. Das Thema ist also hochbrisant.
INTERVIEW: BERND SCHÄFER