: Traditionell ökologisch – aber unbemerkt
Italien ist auf der Biofach 2007 „Land des Jahres“. Ökologischer Landbau wird dort schon lange betrieben, bislang aber selten thematisiert. Eine ganze Halle ist für die Schau vorgesehen. Rund 320 italienische Firmen sind vor Ort. Im Mittelpunkt der Messe stehen Wein, Oliven, Pasta und Getreideprodukte
VON TILMAN VON ROHDEN
Von den Italienern meint man zu wissen, dass sie dem Umweltschutz nicht allzu viel Aufmerksamkeit schenken. Das mag ein Klischee sein, doch die Italiener geben sich auffällig wenig Mühe, es zu korrigieren. Selbst einem Ökoprofi fällt zu seinen Landsmännern da wenig ein. „Die Italiener haben bei der Bewusstseinsbildung im Vergleich zu anderen EU-Ländern einiges nachzuholen“, sagt Fabrizio Piva vom Zertifizierungsunternehmen für Bioprodukte CCPB in Bologna. Diese Feststellung gelte für mehr oder weniger alle Umweltbereiche, nicht jedoch für die Landwirtschaft, betont Piva. Hier habe der ökologische Anbau eine lange Tradition.
Deutschland und Italien pflegen auf dem Biosektor eine besondere Partnerschaft. Deutschland ist größter europäischer Konsument und Italien der größte Hersteller von Biowaren. Fast 50.000 Biobetriebe der Produktion und Weiterverarbeitung gab es zum Jahresende 2005. Das entspricht einer Steigerung im Vergleich zum Vorjahr um rund 22 Prozent.
Zugleich ist der Verzehr von Bioprodukten in Italien nicht besonders gängig. Nur 1,5 bis 1,6 Prozent der Lebensmittel, die die Italiener kaufen, stammen aus dem Biosektor. Rita Imwinkelried, eine Schweizerin, die in Norditalien lebt und einen Bioeinkaufsführer verfasst hat, führt diesen im internationalen Vergleich relativ niedrigen Wert auf die Strukturen im Einzelhandel zurück. Die mächtigen Handelsketten und ihre allfälligen Supermärkte zeigten kein Interesse an Bioprodukten. „Für Bioprodukte sind die Regale mit einem Vorhängeschloss versehen“, bedauert sie. Ökologisch bewusste Verbraucher müssten deshalb auf den Fachhandel ausweichen. Dies sei für das Mengengeschäft jedoch ungünstig. Dennoch hätten biologische Lebensmittel 2005 um 20 Prozent zulegen können.
Der biologische Landbau hat in Italien eine lange Tradition. Bereits in den Siebzigerjahren stellten die ersten Bauern und Kooperativen um und begannen, die neueröffneten Naturkostläden in Deutschland mit Orangen, Zitronen, Reis, Biopasta und Biotomaten sowie Olivenöl zu beliefern. Die Auswahl an italienischen Feinkostspezialitäten aus biologischem Anbau wuchs bis heute ständig weiter.
Neu ist, dass Ministerpräsident Prodi und die Grünen ein wenig Geld für Öffentlichkeitsarbeit im Biosektor bereitstellen. Eine finanzielle Förderung in nennenswertem Umfang gibt es nur für die Zertifizierung von Biounternehmen. Vorreiter im Bioanbau war zu Beginn der Süden Italiens. Ein starkes Wachstum im Biosegment verzeichnet zurzeit eher der Norden Italiens, wo nicht nur das Angebot an Bioprodukten überproportional steigt, sondern auch die Nachfrage der Konsumenten.
Italien ist auf der Biofach das „Land des Jahres“. Auf jeder Messe präsentiert ein Staat sein Angebot in besonderer Breite und Tiefe. Eine ganze Halle ist für die Italien-Schau vorgesehen. Rund 320 italienische Firmen werden ihre Produkte zeigen. Im Mittelpunkt stehen die italienischen Klassiker: Wein, Oliven, Pasta und Getreideprodukte, so Gertrud Schmitz vom Italienischen Institut für Außenhandel ICE in Düsseldorf.
Größere Veranstaltungen finden auf der Piazza Italia statt, einer rund 120 Quadratmeter großen Fläche, die mit kleinen Arkaden und Torbögen ein besonderes italienisches Flair vermitteln soll. Während der Ausstellungstage präsentieren auf der Piazza viele Regionen ihre wichtigsten Produkte. Südtirol berichtet beispielsweise über den biologischen Obstanbau. Mit einem Bioanteil von 1,2 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche steht Südtirol zwar noch am Anfang der Entwicklung des Biosektors, aber der Trend geht steil nach oben. In den letzten Jahren sind neben einer ökologischen Grünlandwirtschaft weitere Bereiche hinzugekommen. Dazu gehören unter anderem Milchprodukte und Käse, Beerenprodukte und Säfte, Gemüse und Eier, Getreide und Kartoffeln sowie Kräuter.
Zu den Betrieben, die kontrolliert biologische Produkte verarbeiten, gehören neben Obstgenossenschaften und Kellereien mittlerweile auch Metzgereien, Milchhöfe und Bäckereien. Neben der Zunahme von biologisch wirtschaftenden Betrieben ist auch der Absatz der biologischen Produkte deutlich gestiegen. Ging die Entwicklung in den Achtzigerjahren vor allem von den Obstbauern aus, so lässt sich die Bioszene Südtirols heute längst nicht mehr auf diesen Bereich eingrenzen.