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Archiv-Artikel

Klimakonferenz im Regen

Wer zahlt, wer wird finanziert: Bei der Frage der Folgekosten des Klimawandels stocken die Verhandlungen der 189 Mitgliedsstaaten in Nairobi

AUS NAIROBI NICK REIMER

Regenrekord in Kenias Hauptstadt: Am Wochenende fiel in Nairobi so viel Wasser wie sonst im ganzen November. Die Provinzen am Indischen Ozean meldeten Tote, zerstörte Straßen und Brücken, 60.000 Menschen ohne Obdach. Schäden von 500 Millionen Dollar. Natürlich hinterließ der viele Regen auch auf der Weltklimakonferenz seine Spuren: Um nicht im Schlamm zu versinken, wurden auf dem Unep-Gelände eiligst neue Schotterwege angelegt und für die Diplomatenbeine mit beigefarbenen Schieferplatten belegt.

Allerdings sind das derzeit die einzigen Wege, auf denen die Delegierten aus 189 Staaten vorankommen. Und das liegt hauptsächlich am sogenannten Anpassungsfonds: Arme Länder sollen aus diesem Fonds Geld für die Folgenbewältigung des Klimawandels bekommen. Angeschoben auf der vergangenen Klimakonferenz vor einem Jahr in Montreal, soll er nun in Nairobi beschlossen werden. Finanziert werden soll der Fonds von einer Abgabe auf die Projekte des so genannten Clean-Development-Mechanism (CDM): Industrieunternehmen investieren in die Energieentwicklung der Entwicklungsländer, können sich dafür die Verschmutzungsrechte selbst gutschreiben – oder auf dem Markt verkaufen. Um wirklich sicherzustellen, dass diese Projekte clean sind, werden sie von einer Clearingstelle geprüft und gegebenenfalls genehmigt.

Aber noch ist dieser Fonds keine Realität: Die Allianz der kleinen Inselstaaten verlangt, als besonders bedürftig in der Geschäftsordnung aufgenommen zu werden. So hoffen sie, später bei der Mittelvergabe bevorzugt behandelt zu werden. Das lehnen natürlich die Afrikaner in der G 77 (loser Zusammenschluss von mittlerweile 134 Staaten der Dritten Welt) genauso strikt ab wie andere Entwicklungsländer. Und so blockieren sie sich gegenseitig – Beschlüsse der Klimakonferenz sind immer einstimmig.

Aber dieser Bruderstreit ist nur die Folge der Fondskonstruktion: Gerade einmal sechs Millionen Dollar sind derzeit auf dem Konto. Und Optimisten haben errechnet, dass alles in allem lediglich 300 Millionen Dollar über dieses Finanzierungsinstrument in den Topf gespült werden könnten – und zwar bis 2012. Dies ergebe eine Jahresmarge von 50 Millionen Dollar – ein Zehntel dessen, was in Kenia gerade weggespült wurde.

„Ganz klar, das ist zu wenig“, urteilte gestern Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Sein Vergleich: „Das entspricht dem Jahresbudget von zwei bis drei mittelgroßen deutschen Städten.“ Der Fonds sieht freiwillige Spenden vor. Wie wäre es also, wenn Deutschland 50 Millionen in den Fonds steckt? Erstens verpestet die Bundesrepublik die Atmosphäre stärker als ganz Afrika zusammen. Zweitens wäre das einer jener vertrauensbildenden Schritte, den sich die Afrikaner so sehr ersehnen. Drittens wäre der Kuchen dann natürlich attraktiver für die Nehmerländer – allein schon das könnte ein Ende der Blockade bedeuten. Und schließlich viertens könnten etwa die Briten, die alleine so viel Klimadreck wie ganz Afrika ausstoßen, dem Beispiel mit eigenen 50 Millionen folgen. Könnte das nicht die Verhandlungen retten, Herr Gabriel? „Mein Ziel ist, den Fonds auf eine Milliarde aufzustocken“, sagt der Bundesumweltminister. Im Rahmen der G 8 und EU-Ratspräsidentschaft wolle er, Gabriel, diese Debatte einleiten. Die Agenda für Deutschlands EU-Präsidentschaft wird immer länger.

Sehr zum Missfallen von Kofi Annan. Auf seiner Pressekonferenz gefragt, ob die G 8 ein stärkerer Motor beim Kampf gegen die Erderwärmung werden soll, erklärte der UN-Generalsekretär: „Forum und Motor muss die Klimakonferenz bleiben.“