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Archiv-Artikel

Benebelt zu Wasser und zu Lande

GROSSER ZAPFENSTREICH Für Karl Theodor zu Guttenberg änderte die ARD ihr Programm und zeigte dessen militärische Verabschiedung – und Pausenfüller

Huch, wer steht denn da in weißen Handschuhen vor dem Bendlerblock und spielt „Smoke on the water“ ganz ohne Gitarre und Hammondorgel? Es ist das Stabsmusikcorps! Huch, wer steht denn davor und feixt verzagt?

Es ist Herr Guttenberg, von Freund wie Feind neuerdings auch „KT“ oder „KTzG“ genannt! (Wir verwetten übrigens glatt unseren ganzen Lieblingscopyshop, dass es, wäre der Herr Minister im Amt geblieben, nicht mehr lange gedauert hätte, bis man das „KT“ jugendlich-angelsächsisch „Käi-Tii“ ausspräche.) Und huch, wer gibt da mit Mikrofon das militärische Pendant zum Prinzenhochzeiten kommentierenden Societyreporter? Ulrich Deppendorf, na, der muss es wissen.

Für den Großen Zapfenstreich für Exminister und Exdoktor Guttenberg verschob die ARD nämlich eine ganze Folge „Marienhof“ und setzte dann aufgrund der anscheinend nicht erwarteten Kürze der Live-Übertragung erst ein Gespräch mit dem Oberstleutnantgeneralmajoren-Komoderator in den Sand, um hernach mit lustiger Konservenmusik untermalte Berlinbilder zu senden, bis man sich endlich erleichtert an „Das Duell“ heranjingeln konnte.

Denn es ging ganz schön schnell, das Bye-bye-Baby, generalstabsmäßig eben, strammstehen, Serenade, Deep Purple, Marsch, Heeeelm ab zum Gebet!, Heeeelm auf!, abschlagen, Nationalhymne, Augen links, wegtreten, jawoll! Und die FackelträgerInnen (das Binnen-I ist ein kleiner Gruß an die nette blonde Fackeldame mit dem Zopf) nicht vergessen! Ergriffen sei der ehemalige Verteidigungsminister gewesen, meint Deppendorf erkannt zu haben, aber der hat anscheinend noch nie Hale Berry bei der Oscar-Verleihung gesehen.

Das Arrangement zu „Smoke on the water“ klang immerhin gar nicht so schlecht, deutsch natürlich, blechbläsern zackig, aber was soll man erwarten. Am Ende schwärmt der Komoderator ein bisschen von den tollen Fronterfahrungen des „Wachbataillons“, und man ist ja durchaus auch immer offen für fürnehme Militärvokabeln, aber warum sagt denn niemand etwas über den Tambourmajor? Zu dem es doch sogar ein Lied gibt? „Junger Tambour kehrt fröhlich heim vom Kriege …“, wir hatten doch extra wieder nach den Strophen gegoogelt! Schade nur, dass es nicht auch Übertragungen zu Agrarminister- (Traktordemo und Kuhglockenkonzert!), Sozialminister- (200 KammbläserInnen auf Hartz IV!) und Außenministerrücktritten (Live von der ITB!) gibt. Aber mal sehen, was die ARD-Quoten sagen, dann ist das vielleicht bald eine Überlegung wert. JENNI ZYLKA