piwik no script img

Archiv-Artikel

„Die SPD-Mehrheit beenden“

SOMMERINTERVIEW Katja Suding, Fraktionschefin der FDP in der Bürgerschaft, über die nahende Hamburg-Wahl, den innerparteilichen Streit und eine Koalition mit der SPD

Katja Suding

38, Politologin und PR-Managerin, seit 2011 Fraktionsvorsitzende der FDP in der Bürgerschaft. Suding lebt getrennt von ihrem Ehemann und ihren beiden Söhnen.

INTERVIEW SVEN-MICHAEL VEIT

taz: Frau Suding, seit dreieinhalb Jahren opponieren Sie und Ihre Fraktion gegen den absoluten Bürgermeister Olaf Scholz und dessen SPD. Wie groß ist der Frust?

Katja Suding: Natürlich ist das kein Traumjob, wenn man gegen einen solchen großen Block agieren muss. Die absolute Mehrheit einer Partei tut der Stadt nicht gut. Deshalb wollen wir sie bei der nächsten Wahl beenden. Als Opposition kann man aber durchaus einiges bewegen. Die SPD hat vielen unserer Vorschläge zugestimmt, etwa bei der Durchlässigkeit des Schulsystems, der Transparenz des Schul-TÜVs oder der Sicherung von Aufenthaltsrechten behinderter jugendlicher Flüchtlinge.

Die SPD ist also Argumenten zugänglich?

Viel zu selten.

Die Bezirkswahlen vom 25. Mai hatten eine Wahlbeteiligung von nur 41 Prozent: Minusrekord. Hat sich das neue Wahlrecht bewährt oder sollte es geändert werden?

Der Hauptgrund für die niedrige Wahlbeteiligung ist, dass die Bezirkswahl von der Bürgerschaftswahl abgekoppelt und mit der Europawahl zusammengelegt wurde. Das war keine gute Entscheidung.

Wäre es sinnvoll, die Bezirkswahlen wieder an die Bürgerschaftswahlen zu koppeln, damit die Wahlbeteiligung wieder zunimmt? 2011 hatte sie noch bei 54,3 Prozent gelegen.

Darauf deutet manches hin. Wir müssen aber auch zusammen mit „Mehr Demokratie“ noch genauer analysieren, welche Konsequenzen daraus gezogen werden sollten. Schnellschüsse kommen nicht infrage. Dieses Wahlrecht kam durch einen Volksentscheid zustande, da muss das Parlament sehr sensibel sein mit Änderungsvorschlägen.

„Mehr Demokratie“ möchte Hamburg als Einheitsgemeinde auflösen und die sieben Bezirke zu eigenständigen Großstädten machen. Was halten Sie davon?

Das löst kein einziges Problem und schafft nur neue. Besser wäre es, doppelte Verwaltungsebenen abzuschaffen und den Bezirken mehr Kompetenzen zu überlassen. Aber Hamburg als Stadt zu zerschlagen, ist unsinnig.

Sie und die Landesvorsitzende Sylvia Canel liegen im offenen Streit. Welche politisch-inhaltlichen Gründe gibt es dafür?

Es gab unterschiedliche Ansichten über die Zusammensetzung einer schlagkräftigen Mannschaft für die nächste Bürgerschaft. Diese Diskussion haben wir geführt, der Landesparteitag hat entschieden. Jetzt haben wir ein gutes Team zusammen.

Der Streit wurde zu Ihren Gunsten entschieden, Sie sind die unangefochtene Spitzenkandidatin. Alles wieder friedlich?

Ja, wir haben das ausgetragen, alles ist geklärt, jetzt geht es gemeinsam weiter.

Sie glauben, dass Frau Canel Katja-Suding-Plakate aufstellt?

Die Landesvorsitzende wird mit aller Kraft die Spitzenkandidatin und alle anderen FDP-Kandidaten für die Bürgerschaft unterstützen, das hat sie selbst erklärt.

Wenn die SPD bei der Bürgerschaftswahl am 15. Februar 2015 die absolute Mehrheit verfehlt: Stünde die FDP als Koalitionspartner bereit?

Die politische Lage

In Hamburg dominiert nach fast zehn Jahren CDU-geführter Regierungen (von 2001 bis 2011) wieder die SPD.

■ Wahl 2011: Die SPD erreichte mit 48,4 Prozent die absolute Mehrheit (62 von 121 Mandaten). Die Opposition: CDU 21,9 Prozent (28 Sitze), Grüne 11,2% (14), FDP 6,7% (9), Linke 6,4% (8).

■ Wahl 2015: Eine erneute absolute Mehrheit der SPD ist fraglich. Gefährdet ist der Wiedereinzug der FDP, offen der erstmalige Einzug der AfD.

■ Die FDP: Von 2004 bis 2011 war die FDP in Hamburg außerparlamentarisch. Mit der Spitzenkandidatin Katja Suding gelang 2011 der Wiedereinzug mit dem besten Ergebnis seit 1974.

Für Gespräche über eine solche Koalition stünden wir bereit. Aber wir müssen die Wahl abwarten und dann schauen, was möglich ist. Und dann muss es auch inhaltlich passen, eine Koalition ohne klare liberale Handschrift würden wir nicht schließen.

Und bei Rot-Gelb würde Katja Suding Zweite Bürgermeisterin und Senatorin für was?

Über Posten machen wir uns am Ende von Koalitionsverhandlungen Gedanken. Bis dahin ist noch ein weiter und steiniger Weg.

Was machen Sie am Morgen nach der Wahl?

Ich freue mich über ein sehr gutes FDP-Ergebnis und den Verlust der absoluten Mehrheit der SPD.

Und bereiten sich auf Koalitionsverhandlungen vor?

Hätte ich nichts dagegen.

Vollständiges Interview auf www.taz.de/nord/hamburg