„Realer Einsatz muss sein“

Debatte über virtuelle Proteste und Kampagnen

■ 60, arbeitet als freie Autorin und Moderatorin beim NDR-Hörfunk. Daneben engagiert sie sich in der Bürgerinitiative „Kultwerk West“.

taz: Frau Heise, wie sehen virtuelle Proteste aus?

Gabriele Heise: Ich bekomme zum Beispiel Mails von „Campact!“, einer Plattform für Umwelt, Demokratie und Sozialthemen: Ratzfatz kann man damit die Kanzlerin anschreiben. Das ist direkte Demokratie, vom Heim-PC in die hohe Politik vorzudringen.

Auf Facebook forderten 500.000 Menschen, zu Guttenberg im Amt zu lassen. Zur Offline-Demo erschienen lausige 500 – was lief da schief?

Das ist schwierig und beunruhigend. Es zeigt, dass Leute im Internet Kampagnen lostreten können, hinter denen sie nicht stehen. Was schade ist: Politiker können sich dann leicht rausreden, weil nur ein paar Wichtigtuer sich im Netz profilieren.

Es ist „hip“, einfach nur dagegen zu sein …

… indem man auf Trends aufspringt: Ein ziemlich reaktionäres Potential – vielleicht war es einfach eine CSU-Kampagne.

Protestieren Sie lieber im Netz oder auf der Straße?

Gerade gestern ging ich um 18 Uhr auf die Mönckebergstraße, um gegen Vattenfalls Atompolitik zu protestieren. Die Ereignisse in Japan zwingen uns zum Umdenken. Von zuhause zu protestieren ist verlockend. Ein realer Einsatz muss aber sein.

Was bringt die Gegenöffentlichkeit im Internet?

Grundsätzlich einen Alarmruf. Problematisch ist, dass man nicht weiß, wer hinter diesen Computern sitzt. INTERVIEW: GUM

„Internetkampagnen. Virtueller Protest. Stachel der Demokratie“: 20 Uhr, Kultwerk West