„Die Einseitigkeit ist zu groß“

OBJEKTIVITÄT Demonstration gegen die Kriegsberichterstattung des Spiegels

■ 51, ist Autorin und koordiniert die Demo mit der Mahnwache und dem Friedensnetz   Foto: Andreas Laible

taz: Frau McClean, warum gehen Sie heute demonstrieren?

Katrin McClean: Es gibt eine einseitige Berichterstattung die mich stört und zunehmend auch beängstigt. Es wird dieses Bild gezeichnet: „Alles Böse kommt von Russland“ und das geht für mich ganz klar in Richtung Propaganda und ist nicht mehr objektiv. Über einige Dinge wird gar nicht berichtet, zum Beispiel das Ausmaß der Zerstörung in der Ostukraine.

Das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet nicht über die Ereignisse in der Ostukraine?

Nein, das stimmt so nicht. Natürlich berichtet er. Es ist nur so, dass die Einseitigkeit zu groß wird. Was ja jetzt bei dem Unfall oder Unglück – man weiß es nicht – der Machine MH17 den Gipfel erreicht hat. Da ist ein Flugzeug abgestürzt, keiner hat Beweise und sofort kommt der Spiegel und sagt: „Stoppt Putin jetzt“. Es ist unklar, was passiert ist, es gibt nur Behauptungen.

Am Mittwoch berichtete Spiegel Online darüber, dass das ukrainische Militär bei einem Luftangriff Zivilisten getötet habe, die Quellen seien aber nicht eindeutig.

Es ist doch schön, wenn unsere Proteste wohl schon Wirkung zeigen. Deswegen müssen wir jetzt aber unsere Demonstration nicht gleich absagen. Das ist ja der Grund warum man protestiert, weil man hofft, dass diese Proteste was nutzen. Wir wenden uns an den Spiegel. Wir sind ja nicht gegen ihn.

Sie protestieren auch gegen die Berichterstattung im Gaza-Israel-Konflikt.

Genau, wenn das israelische Bombardement ein Ausmaß annimmt, das nicht mehr zu rechtfertigen ist, dann ist es einfach nicht richtig, einseitig für die Selbstverteidigung der Israelis zu werben. Unsere Forderung ist auch das Eintreten für Friedensverhandlungen. Das geschieht auch durch eine differenziertere Berichterstattung über die Interessen beider Konfliktparteien.

In der aktuellen Ausgabe fragt der Spiegel kritisch, wie Israels Bevölkerung zum Krieg steht.

Das ist ja auch gut, dass sie darüber berichten. Wenn durch kritische Leserbriefe und ähnlichem bereits ein Anfang der Veränderung da ist, dann freut mich das. Der Spiegel muss sich vor allem an seinen eigenen Ansprüchen messen lassen. Wenn er damit wirbt, investigativen Journalismus zu betreiben, dann möchte ich hier auch mehr erfahren als in anderen Medien. INTERVIEW: KLES

Demonstration des Friedensnetzwerks „Stoppt die Kriegspropaganda – empört euch jetzt“: 17 Uhr, Spiegel, Ericusspitze 1