Späte Einsicht

Sozialforums-Mitglieder wollen Verfassungsschutz mit Klagen zur vollständigen Einsicht in ihre Akten zwingen

Die Ausforschung des Berliner Sozialforums durch den Landesverfassungsschutz hat juristische Folgen. Seit Jahresbeginn sind beim Landesverwaltungsgericht mindestens vier Klagen gegen die Verfassungsschutzbescheide eingegangen. Das geht aus der Antwort des Verfassungsschutzes auf eine Parlamentarische Anfrage des Grünen-Abgeordneten Dirk Behrendt hervor, die der taz vorliegt.

Die Ausgespähten klagen dagegen, dass die Behörde ihnen keinen vollständigen Einblick in die über sie gesammelten Akten gewähren will. Der juristische Streit über die Überwachung linker Gruppen wird mindestens bis zum kommenden Jahr dauern. Der Rechtsanwalt Sönke Hilbrans vertritt vier Mitglieder des Sozialforums und fordert: „Meine Mandanten klagen auf eine vollständige Auskunft über vom Verfassungsschutz gespeicherte personenbezogenen Daten.“ Hilbrans rechnet mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts „nicht mehr in diesem Jahr“.

Mitte Juni 2006 war bekannt geworden, dass mehrere V-Leute das Sozialforum – einen Zusammenschluss linker Initiativen – über Jahre unterwandert hatten. Daraufhin hatte die Leiterin des Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, im vergangenen Dezember rasche Aufklärung versprochen. Doch mit den bisherigen Ergebnissen sind weder die Betroffenen noch Beobachter zufrieden.

Die Antwort auf die Abgeordnetenanfrage nennt die Zahl von 103 Anträgen auf Akteneinsicht, die seit Juni 2006 eingegangen seien. Demnach haben die Verfassungsschützer insgesamt 89 Anfragen abgearbeitet. Acht Monate nach Bekanntwerden der Bespitzelung stehen also noch immer 14 Bescheide aus.

MATTHIAS LOHRE