: Lebenslang für Polizistenmord
Das Landgericht verurteilt einen 40-Jährigen wegen Mordes an dem Polizisten Uwe Lieschied zu lebenslanger Haft. Ein Mitangeklagter muss fünf Jahre hinter Gitter. Verteidiger wollten Freispruch
VON UTA FALCK
Der Mörder des Polizisten Uwe Lieschied ist gestern vom Landgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der 40-jährige Kurde habe aus etwa fünf Metern in nahtloser Folge acht Schüsse abgefeuert, bis sein Magazin leer war, sagte der Vorsitzende Richter Hans Luther in seiner 30-minütigen Begründung. Er sprach von einem Verdeckungsmord. Der Angeklagte habe sich nach einem vorausgegangenen Raub den Fluchtweg freigeschossen. Ein 31-jähriger Mitangeklagter wurde vom Mordvorwurf mangels Beweisen freigesprochen, aber wegen schweren Raubes zu fünf Jahren Haft verurteilt. Zahlreiche Verwandte und Kollegen des Opfers sowie dessen Witwe verfolgten die Urteilsverkündung.
Eine haftverlängernde besondere Schwere der Schuld, wie sie der Staatsanwalt gefordert hatte, mochte das Gericht aber nicht feststellen: „Der Augenblick des Tatentschlusses war sehr kurz. Ein bis zwei Sekunden blieben dem Angeklagten, um sich für ein fast irrationales Nach-vorn-Preschen oder für eine Festnahme wegen unerlaubtem Waffenbesitz zu entscheiden“, so Luther. „Zu unserem Bedauern hat er den falschen Weg gewählt.“
Der 31-jährige Yusuf K. und der 40-jährige Mehmet E. hatten sich am 17. März vergangenen Jahres zum gemeinsamen Überfall auf eine Prostituierte verabredet. Sie hatte sich in einem Lokal in Gegenwart der beiden mit dem Besitz eines höheren Geldbetrages gebrüstet. Gegen 21.20 Uhr verfolgten sie die Frau bis in ihr Wohnhaus in der Neuköllner Flughafenstraße, wo sie der maskierte E. beraubte. Yusuf K. sicherte an der Haustür den Tatort, dann flüchteten die beiden in Richtung Hasenheide. Dort fuhr ihnen eine Zivilstreife entgegen.
Bekleidet mit schusssicheren Westen wollten Polizeihauptkommissar Uwe Lieschied und sein Kollege Sven B. die beiden kontrollieren. Lieschied rief ihnen zu: „Jungs, bleibt mal stehen, Polizei!“, erinnerte sich B. Da feuerte der 40-jährige E. aus fünf Meter Entfernung aus seiner Ceska acht Schüsse in Richtung des Polizisten. Sven B. konnte sich hinter einen parkenden VW-Bus retten, Lieschied wurde von einem Schuss über dem linken Ohr getroffen. Nach vier Tagen im Koma starb der 42-Jährige. Wenige Tage gedachten seiner rund 7.000 Kollegen und Angehörige mit einem Trauermarsch durch die Stadt.
Am 23. November begann der Prozess, der sich vor allem mit Indizien beschäftigte. Denn K. bestritt die Tat. Und E., der von zwei jungen, profilierungssüchtigen Anwälten vertreten wurde, widerrief sein Geständnis nicht nur, sondern er erhob auch schwere Vorwürfe gegen die Justiz. Er behauptete, man habe ihn geschlagen und sein Geständnis unter Zwang abgepresst. Dieses Verteidigungsgebaren war nicht nur für die Nebenkläger, Lieschieds Witwe und seinen Sohn, unerträglich, wie deren Rechtsbeistand in seinem Plädoyer ausführte. Auch das Gericht rügte diese Strategie. Trotzdem zweifelte die Verteidigung jedes Beweismittel an und forderte am Schluss sogar den Freispruch ihrer Mandanten – von Reue keine Spur.
Lieschieds Witwe, die zusammen mit ihren beiden Söhnen schwarz gekleidet im Saal saß, verfolgte das Urteil mit fast unbewegtem Gesicht. Später, vor laufenden Kameras, wirkte sie aufgewühlt. „Ich muss das erst verkraften“, sagte die 40-Jährige. Der Mörder nahm das Urteil ohne Regung entgegen.