: Jauch kann kommen
Die ARD-Intendanten geben grünes Licht für die Christiansen-Nachfolge. Neuer Vorsitzender Raff nennt Digitalisierung als Arbeitsschwerpunkt
Aus München Bernhard Hübner
Wer noch Fragen zu Günther Jauchs Werbeverträgen habe, erklärte der scheidende ARD-Vorsitzende Thomas Gruber, müsse doch nur in das neue ARD-Jahrbuch schauen. Auf Seite 43. Denn dort grinst Jauch zusammen mit Thomas Gottschalk von einem kleinen Foto, aufgenommen in den 1980ern. Da war Jauch noch junger Radiomoderator beim Bayerischen Rundfunk. Für BR-Intendant Gruber reicht das als Argument. „Ich kenne Günther Jauch schon seit 25 Jahren“, sagte er. „Deshalb wird es keine Probleme geben.“ Der Deutlichkeit wegen wiederholte er es dann gleich noch einmal: „Es wird keine Probleme geben.“
Viel war in den vergangenen Tagen über die Werbetätigkeiten des zukünftigen ARD-Starjournalisten diskutiert worden. MDR-Intendant Udo Reiter fand, dass sie unvereinbar seien mit dem gesellschaftspolitischen Talk, den Jauch ab Herbst 2007 im Ersten leiten soll, und auch Noch-WDR-Chef Fritz Pleitgen und seine Nachfolgerin Monika Piel hatten Bedenken angemeldet. Bei ihrer Hauptversammlung in München haben sich die ARD-Intendanten nun vor allem auf eines geeinigt: dass es eigentlich auch sonst keine Probleme gibt. Weder mit Jauch und seinen Werbeverträgen noch mit dem Doping-verseuchten Radsport, und auch das mit der Digitalisierung sah man gelassen.
Jauch soll nach dem aktuellen, noch nicht unterschriebenen Vertragsentwurf weiter werben dürfen – wenn es der NDR als federführender Sender beim Sozio-Talk genehmigt. Dafür habe Jauch zugesagt, sich bei neuen Werbeverträge einzuschränken, so Gruber: Der Vertragsentwurf biete entsprechende Lösungen, Einzelheiten seien jedoch vertraulich. In der ARD rechnet man damit, dass der Vertrag mit Jauch im ersten Quartal 2007 unterschrieben wird.
Und: Jauch wird auch weiterhin vor allem für RTL arbeiten, als Moderator von „Wer wird Millionär“, „Stern TV“ und „SKL Millionenshow“. Weitere Formate in der ARD sind bisher nicht geplant. „Wir sind dankbar, dass Herr Jauch uns ein Segment seiner Arbeitszeit zur Verfügung stellt“, sagte Programmdirektor Günter Struve. Er klang fast demütig. Mit seinem Vorschlag, die Late-Night-Show von Harald Schmidt nur noch einmal wöchentlich auszustrahlen, war Struve hingegen gescheitert. Trotz sinkender Quoten bleibt es bei zwei Sendungen pro Woche, und das bis 2008.
Selbst den leidigen Radsport wollten die Intendanten nicht als Problem gelten lassen. „Die Profi-Rennställe gehen sehr aktiv mit dem Thema Doping um“, befand der zukünftige ARD-Vorsitzende Fritz Raff, als Intendant des Saarländischen Rundfunks von jeher für die Übertragungen verantwortlich. „Deshalb sehen wir keinen Anlass, aus dem Radsport auszusteigen.“ Die ARD verhandelt gerade mit den Ausrichtern der Deutschland-Tour. Das Radrennen soll weiterhin live übertragen werden.
Als ARD-Vorsitzender möchte Raff mehr Werbung für die Kulturangebote der Sender machen. Der Senderverbund verfüge über Orchester und Klangkörper von internationalem Rang. Und herausragende „Kulturprojekte in Film, Musik, Kunst und Literatur hätten ohne unser Engagement fast keine Chance mehr, realisiert zu werden“, so Raff. Außerdem machte er sich für die Weiterentwicklung des digitalen Angebots stark. Nachdem Internetstreams bereits Computer zu gebührenpflichtigen Empfangsgeräten gemacht haben, wünscht sich Raff nun auch die entsprechenden Inhalte. Es sollen neuartige „Programmangebote für die digitale Welt“ werden. Wie genau die aussehen sollen, weiß Raff noch nicht. Hauptsache, die Inhalte werden irgendwie interaktiver. Das sei der einzige Weg, um auch wieder die jüngere Zielgruppe zu erreichen. Dass die ARD zumindest damit ein Problem hat – das wollten selbst die Intendanten zur Abwechslung nicht bestreiten.