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Archiv-Artikel

Märsche gegen einen GAU in Deutschland

PROTEST In norddeutschen Städten demonstrieren nahezu 15.000 Menschen für die Abschaltung aller Atomkraftwerke. Die Technologie sei nicht beherrschbar, sagen Kritiker mit Blick auf Fukushima

„Der Atomausstieg muss mit Nachdruck betrieben werden“

Bischof Jürgen Bollmann

Im Norden haben am Samstag nahezu 15.000 Menschen aller Altersgruppen für die Abschaltung aller Atomkraftwerke demonstriert. In Hannover versammelten sich 10.000 Menschen auf dem Opernplatz. In Hamburg demonstrierten knapp 2.000 Menschen durch die City zum Rathausmarkt, in Lübeck protestierten 1.200. In Göttingen zogen 600 Menschen mit sieben Traktoren durch die Stadt und forderten die Abschaltung der Atommeiler in Grohnde und Lingen.

In Hannover, Partnerstadt von Hiroshima, wurde mit einer Schweigeminute der Opfer des Erdbebens in Japan gedacht. Später zogen Familien mit Kindern durch die Innenstadt, mit lärmenden Trommeln und Sirenen und in einem Meer von gelben „Atomkraft-Nein-danke!“-Fahnen. Immer wieder skandierten die Menschen: „Abschalten! Abschalten!“

Der evangelische Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann aus Hannover forderte auf der Kundgebung, die Atomkraftwerke stillzulegen. Mit der Atomkraft sei zwar viel Geld zu verdienen, aber bei der Nutzung gebe es „ein letztlich unverantwortbares Risiko“.

Zur Atomenergie gebe es genügend Alternativen, sagte auch der Hannoveraner DGB-Regionsgeschäftsführer, Andreas Gehrke. Fukushima habe gezeigt, dass in einem Land der Spitzentechnologie der größte Unfall jederzeit möglich sei. „Auch wir in Deutschland sind vor diesem Risiko nicht gefeit. Ein Flugzeugabsturz, Sabotage, Terrorangriffe können auch deutsche Atomkraftwerke außer Kontrolle geraten lassen.“

„Der Ausstieg aus der Atomtechnologie muss mit Nachdruck betrieben werden“, sagte Hamburgs Bischof Jürgen Bollmann bei einer Kundgebung auf dem Hamburger Rathausmarkt. „Es gibt nichts mehr zu überprüfen“, belehrte er Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es sei nach der Katastrophe in Fukushima zur „ethischen Frage“ geworden, so Bollmann „dass wir die Notbremse ziehen“. KAI VON APPEN